Seit Ende November ist Ashleigh Hoeta offiziell die stärkste Frau der Welt. Bei der IPLNZ Tombstone Competition in Neuseelands größter Stadt Auckland schaffte sie beim Bankdrücken 317,5 Kilo mit Ausrüstung (gemeint sind beispielsweise Handgelenksbandagen). Den bisherigen Weltrekord hielt eine Amerikanerin mit 294,8 Kilo. Seit Oktober ist Hoeta auch neuseeländische Meisterin im Armdrücken. „Inzwischen gibt es hier keine Frau mehr, die stärker ist, deswegen trete ich beim Armdrücken jetzt gegen die Männer an“, berichtete sie. Doch auch die haben meist keine Chance gegen die fitte Neuseeländerin.

Hinter ihrem Erfolg steckt eine Menge Arbeit und – so vermutet die 27-Jährige – der Muscle-Memory-Effekt, auf Deutsch das „Muskelgedächtnis“. Denn Hoeta hat mit vier Jahren schon mit dem Turnen angefangen. Zwölf Jahre lang hat sie den Sport intensiv betrieben, mit 15 Jahren sogar offiziell ihr Heimatland Neuseeland vertreten. Doch dann erlitt sie eine schwere Knöchelverletzung und war gezwungen, das Turnen aufzugeben. Sie wollte einen neuen Sport ausprobieren – doch „an Kraftsport habe ich dabei eigentlich überhaupt nicht gedacht“, gestand sie im Interview.

Ihr Vater habe das damals vorgeschlagen. „Er meinte, probier es einfach mal aus.“ 2019 habe sie das Powerlifting dann zum ersten Mal getestet. Und Hoeta war – wie ihr Vater vermutet hatte, ein Naturtalent: „Als ich meinen allerersten Wettkampf gewann, weinte mein Vater“, erinnerte sie sich. Und das, obwohl er sonst eher wenig Emotionen zeigte. „Da dachte ich, ich will es zur Spitze schaffen und genau das habe ich in den letzten Jahren getan.“

Schlaganfall mit 24 Jahren

Doch ganz ohne Rückschläge ging es dabei leider nicht: Kurz bevor die Corona-Pandemie im März 2020 die Welt zum Stillstand brachte, stoppte auch das Leben von Ashleigh Hoeta ohne Vorwarnung: Sie verspürte plötzlich ein Taubheitsgefühl in ihrem Bein, ihr Gesicht erschlaffte. Hoeta wurde ins Krankenhaus eingeliefert – mit der Diagnose Schlaganfall. Sie musste neu lernen, ihre Beine und Finger zu bewegen. „Alle meine Freunde und Familie sagten damals, ich solle mit dem Bankdrücken aufhören“, sagte Hoeta. Doch ihr Trainer habe gesagt, sie solle einfach umdenken, ihm immer sagen, wie sie sich fühle und nichts überstürzen.

Während des gesamten Lockdowns trainierte sie dann bei sich zu Hause. „Ich lief durchs Haus, machte Liegestützen im Sitzen und drückte einen Tennisball.“ Als sie nach fünf Wochen aus dem Lockdown kam, war sie auf der linken Seite, auf der sie den Schlaganfall erlitten hatte, stärker als auf ihrer rechten Seite. „Dieser Moment zeigte mir, dass ich es schaffen kann, wenn ich mich auf etwas konzentriere“, sagte sie.

Beim Armdrücken tritt sie gegen Männer an

Nur wenige Monate nach dem Schlaganfall brach die Mutter von zwei Kindern bereits wieder Powerlifting-Rekorde in Neuseeland und jetzt kam der Weltrekord hinzu: 317,5 Kilo beim Bankdrücken – und das, obwohl sie vor kurzem erst einen weiteren Schicksalsschlag hinnehmen musste – den Tod ihres geliebten Vaters.

Nachdem sie seit Längerem bereits die stärkste Frau Neuseelands ist, tritt sie bei ihrem zweiten Sport – dem Armdrücken – inzwischen gegen Männer an. „Jetzt fühle ich mich wie eine sehr starke Frau, da ich den Jungs gegenübertreten darf“, scherzte sie. Letztere müssen regelmäßig klein beigeben, da Hoeta auch viele von ihnen schlägt. Die neuseeländische Männerwelt reagiere darauf aber überwiegend positiv, berichtete die junge Frau. „Sie sind ziemlich bescheiden, was wirklich cool ist“, meinte sie. Als sie nach einem Sieg zu einem der Verlierer gegangen sei und meinte, es tue ihr leid, habe dieser gesagt: „Das sollte dir nicht leid tun, du hast es dir mit harter Arbeit verdient.“

Zwischendurch auch mal einen Donut

Zu dieser harten Arbeit gehören Programme, die jeweils auf eine Woche angelegt sind. „Beispielsweise absolvieren wir eine schwere Bankübung pro Woche, damit ich nicht zu müde bin, da ich in dieser Trainingswoche auch Armdrücken mache“, sagte Hoeta. Dann würde sie verschiedene Muskeln trainieren und dafür sorgen, dass weder Arme noch Beine zu kurz kämen.

Beim Essen müsse sie dagegen weniger auf eine bestimmte Diät achten. „Ich möchte mich nicht selbst bestrafen“, meinte sie. Deswegen esse sie eigentlich, worauf sie Lust habe. Dies könne auch mal ein Donut sein, wenn ihre Kinder gerade einen hätten. Viel wichtiger sei es – vor allem vor einer der anstrengenden Trainingssessions – genug zu essen. Denn nur so habe sie ausreichend Energie, würde ihr Trainer immer sagen.