Aston Martin lebte zwar noch, ehe Andrew Palmer den Fall übernahm. Aber die Überlebenschancen standen schlecht, wie so oft in der über 100-jährigen Geschichte, in der man sieben Mal eine Pleite hingelegt hatte. Man erlebte sportliche Triumphe und Niederlagen, fand im letzten Jahrhundert zu einem ikonenhaften Design, überstand die Übernahme durch den Weltkonzern Ford und kam mit Aufbauarbeiten des ehemaligen BMW- und Porsche-Managers Ulrich Bez wieder auf die Räder. Aber den richtigen Grip, um dauerhaft auf der Straße des Erfolgs zu bleiben, fand man bis zu Palmer nie. Aston Martin rettete jedoch eine Urkraft, die unvergleichlich ist: Als Dienstwagen von James Bond stirbt man nicht.

Nur vier Jahre, nachdem Palmer - er arbeitete bei Nissan-Renault, wurde als einer der Nachfolge-Kandidaten von Carlos Ghosn gehandelt - bei Aston Martin eingecheckt hat, erzählt er im Gespräch: „Wir haben den größten Profit in unserer Geschichte erreicht.“ In Nordamerika, Großbritannien und China brummt der Markt. „Ich kam in die Firma in einer Art Midlife-Crisis“, so Palmer heute. „Ich wollte eine britische Firma retten und neu kreieren, damit sie nicht von Bankrott zu Bankrott geht.“

Palmer holte sich Geld und Freiraum von den Investoren, fächerte die Modellpalette auf und macht mit über 5000 verkauften Autos mehr Gewinn als je zuvor. Ein Börsengang steht im Raum. Andrew Palmer scheint keinen goldenen Colt zu haben, sondern eine goldene Hand für Aston Martin. In der Branche wird er als Visionär und Macher beschrieben.

So gilt Aston Martin plötzlich als Lehrbeispiel, wie kleine Automarken heute funktionieren können - gespeist von internationalen Geldgebern: Kuwaitische und italienische Investoren sind an Bord. Oder als Netzwerker: Daimler ist mit fünf Prozent beteiligt, man bezieht bestimmte Motoren (von AMG aufbereitet) und Teile, ohne die Basisarbeit für Autos ganz aus der Hand zu geben. Oder als Erlebniswelt: Aston Martin steht Pate für Boote sowie für ein Haus in Miami und vergibt Lizenzen für Luxusartikel.

Oder als Sportlabel: Für ein faszinierendes Projekt dockte man bei Red Bull Racing an und baute mit Red-Bull-Guru Adrian Newey ein kompromissloses Hypercar namens Valkyrie - für den Titel „schnellstes Auto der Welt mit Straßenzulassung“ (über 1000 PS, Hybridtechnologie, Leichtbau). Und man stieg beim Red-Bull-F1-Team als Sponsor ein. Palmer hatte vor Jahren schon den Infinity-Deal mit Red Bull Racing eingefädelt, man schätzt ihn dort. Auch deshalb, weil er ein „Petrolhead“ und „Racer“ („Benzinbruder“ und „Rennfahrer“) ist. Aston Martin ist unter seiner Führung letztlich zu einem Unterhaltungskonzern geworden, die Automarke wird als Erlebniswelt inszeniert. Mit allen Spielarten der Mobilität: Mit der Schwestermarke Lagonda will man zum Beispiel eine luxuriöse Elektroautoschiene aufbauen.

Der neue Vantage wiederum vereint das, was Aston Martin heute sein möchte. Eigenständig, charakterstark, angetrieben von einem 510-PS-V8 von AMG sowie unterstützt von einer ausgefeilten Aerodynamik, Leichtbau und Technik-Accessoires (elektrisches Sperrdifferenzial, Torque Vectoring für geschmeidigere Kurven): Der Vantage ist ein außerordentlicher Sportwagen. Einfach zu handeln, ungeheuer scharfsinnig und reaktionsschnell in der Ausführung, bärenstark.

Palmer treibt Aston Martin weiter voran. Derivate, neue Modelle, ein SUV kommen demnächst. Ab 2020 werden alle Aston Martins „die Option der Hybridisierung haben“. Ein elektrischer Aston Martin steht auch in der Pipeline (RapidE in Kleinauflage). Übrigens: V12-Motoren und E-Antriebe wolle man im eigenen Haus weiterentwickeln“, so Palmer.

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