Von sowas hatten wir die Nase voll: Mal ehrlich, wie hungrig muss man sein?
Von sowas hatten wir die Nase voll: Mal ehrlich, wie hungrig muss man sein? © Justin

Pizzen mit labbrigen Dosenchampignons, öligen Seen in der Mitte und angesengtem Analogschinken vermiesten meinem Mann nicht nur zahllose Abende, sondern verfestigten sich bei ihm zu einem unumstößlichen Gedanken: Ich brauche unbedingt einen eigenen Pizzaofen! Denn so sehr man sich auch anstrengt, im Backofen mit 275 Grad Maximaltemperatur lässt sich zwar allerhand Leckeres auf knusprigem Teig zaubern, aber eine richtige Steinofenpizza wird das nicht. Außer, man hackt die Elektrik des Backofens, um ihn locker auf 400 Grad aufzuheizen wie dieser Essensenthusiast aber das war uns dann doch zu brandgefährlich. Wobei der leicht verrückte Franzose Alex aus dem Video ist Elektroingenieur, der weiß möglicherweise, was er tut.

Edles Teil zum noblen Preis

Backofen aufmotzen war uns zu heiß, also erst mal die nächste Variante abgecheckt: den schicken, gemauerten Pizzaofen für den Garten. Diese Teile machen richtig viel her, fehlt nur noch der Pool und schon sind wir reif für MTV Cribs. Das einzige Problem: Für solche netten Statussymbole reichts auf dem Konto dann irgendwie doch nicht ganz. Nur zur Sicherheit (könnte ja sein, dass so ein gemauerter Pizzaofen vom Profi spottbillig ist) hab ich beim Ofensetzer angefragt. Und ja: Der Mann versteht sein Handwerk und mauert ein unvergängliches Traumteil, mit dem sich sogar Brot backen lässt. Der Spaß kostet dann halt um die 6.000 Euro. Was völlig gerechtfertigt ist, aber halt leider grad nicht zufällig bei uns rumliegt.

Nächste Idee: den Pizzaofen selber bauen

Das gute Stück unfallfrei in den Ofen bugsiert... jetzt nur nicht anbrennen lassen!
Das gute Stück unfallfrei in den Ofen bugsiert... jetzt nur nicht anbrennen lassen! © Wesener

Ca 750 Youtube-Videos später – das mit dem Sitzball fand ich am überzeugendsten – ist klar: wir sind leider keine Ofensetzer, die ihr Handwerk verstehen und für so eine Aktion brauchen wir mindestens sieben Tage Urlaub. Die dann unter Umständen in verbalem Mord und Totschlag enden. Aber gut, es wird uns wohl nichts anderes übrigbleiben, als uns frohen Mutes in die Kamikaze-Pizzabau-Ferien zu stürzen… WIEVIEL kosten diese lumpigen Schamottsteine? Himmel, das wird nicht nur eine Riesensauerei, sondern auch nicht gerade billig.

Einmal Steinofen zum Mitnehmen, bitte!

Den Teig sanft und mit liebevoller Zuwendung behandeln, dann wird das was
Den Teig sanft und mit liebevoller Zuwendung behandeln, dann wird das was © Leeyoongjeul

Der Zufall rettete dann doch noch unseren Urlaub und Seelenfrieden: Es gibt noch eine Pizzaofen-Variante, die im Moment sogar richtig boomt. Den tragbaren Pizzaofen aus Metall, der auf drei Beinen daherkommt und auch noch einen niedlichen Rauchfang trägt. Als mein Mann den entdeckte, war er Feuer und Flamme und orderte das Teil für weniger als 300 Euro. Aufgrund der Corona-Lockdowns in ganz Europa waren mehrere Varianten des Ofens bereits ausverkauft. Ja, wenn man viel Zeit zuhause verbringt, lernt man endlich die ganze Tragweite richtig guter Pizza zu schätzen! Darum entschieden wir uns (zu Deutsch: nahmen das, was grad da war) für die mit Pellets beheizte Version. Keine schlechte Entscheidung, der Ofen lässt sich wirklich ganz einfach anheizen und man hat ein echtes, knisterndes Holzfeuer, sehr gemütlich.

Die Wissenschaft vom Pizzateig

Quest erfolgreich abgeschlossen: Wenn eine Pizza die Welt retten kann, dann sollte sie circa so ausschauen
Quest erfolgreich abgeschlossen: Wenn eine Pizza die Welt retten kann, dann sollte sie circa so ausschauen © Wesener

Und dieses gemütliche Feuerchen bringt den Pizzastein flott wie nix auf 400 Grad. Perfekt für fluffigen Pizzarand mit dem richtigen „leoparding“ (Ja, die Profis im englischsprachigen Raum finden für einfach alles die passende Bezeichnung, selbst für leicht verkohlte Stellen auf der Pizzakruste). Die Vorfreude war groß, die Freude über die erste selbstgemachte Pizza weniger. Denn: der Teig ließ sich nicht ordentlich formen, klebte am eigens gekauften Bambus-Pizzaschieber fest und fluffte auch net so recht auf. Also: Nochmal 750 Youtube-Videos studiert, bis wir das mit dem Teig auch verstanden hatten. Und nein, wir sind nicht schwer von Begriff, da ist eine wahre Kunst! Die mit dem richtigen Mehl beginnt (nur Caputo, am besten das rote – gibt’s bei der Metro), beim passenden Rezept weiter geht (laaange gehen lassen mit gaaanz wenig Germ) und beim Formen der Teigbälle ihren Lauf nimmt (vorsichtig, vorsichtig – formen, nicht kneten, um Himmels willen!).

So kompliziert und doch so einfach

Als der Teig perfekt und bereit war, die Tomatensoße leicht gesalzen (wers ganz genau nimmt, verwendet nur die Venusbrüstchen-Tomaten, die sich an den Hängen des Vesuv emporranken. Normalsterbliche dürfen auch San Marzano-Tomaten verwenden), die Champignons geschnitten (im eigenen Keller gezüchtet, aber das ist eine andere Geschichte) und der Mozzarella abgetropft (Kuhmilch, auf neapoletanischer Pizza hat der Büffel nix verloren) war es endlich so weit: Pizza, genau so, wie sie sein muss. Das aufwändigste, komplizierteste und doch das einfachste Gericht aller Zeiten. Oder wie es die Antilopen-Gang so treffend ausdrückt: Oh, ich glaube fest daran, dass uns Pizza retten kann!