Zugegeben, angesichts der anhaltenden viel zu milden Temperaturen büßen die Winterblüher ein wenig von ihren sonst so spektakulären Auftritten in Schnee und Eis ein: Der Winterjasmin zeigt sich überschüttet mit gelben Blüten, als wäre soeben der Frühling ausgerufen worden; die zartrosa Kugeln des Duftschneeballs verströmen unaufhörlich ihr Parfum; selbst die Zaubernuss mit ihren wuscheligen Blütenbüscheln steht in nichts nach. Sie musste bisher nicht einmal das pflanzeneigene Frostschutzmittel aktivieren oder ihre strahlenden Blüten als schützende Sofortmaßnahme einrollen.

Tipps und Tricks kennen diese frühen Blütenboten genug. Weil es noch an Licht und Wärme als Energielieferant mangelt, haben sie mit raffinierter Taktik in den Zwiebeln, Knollen oder Rhizomen als Reserve Stärke und Mineralstoffe eingelagert. Es pressiert ihnen allen, denn nur so lange Bäume und Sträucher noch kahl sind, haben diese kleinen Vorboten die Chance, genug Licht zu tanken, kurz, aber üppig zu blühen und für die Vermehrung zu sorgen.

Erster ist fast immer das Schneeglöckchen, denn hat sich der Boden auf Temperaturen knapp über dem Gefrierpunkt erwärmt, ist das der Startschuss für den zarten Vorfrühlingsboten, das neue Gartenjahr einzuläuten. Freilich ist es noch sehr früh, Fröste und Schneefälle werden nicht ausbleiben. Zum Glück haben die porzellanenen Geschöpfe einen Frostschutz eingebaut, indem sie Zucker in Stärke umwandeln und so den Minusgraden besser widerstehen, auch wenn es den Anschein hat, sie würden hilflos darniederliegen.

Auch ihr Name ist Programm unter den Frühstartern: die Winterlinge, die mit Bravour dem Schnee und der Kälte trotzen. Auch sie sind gewappnet, wird es gar zu ungemütlich, schließen sie einfach ihre dottergelben Blüten inmitten der grünen Halskrause. Fühlt sich Eranthis hyemalis wohl, überziehen alsbald Blütenteppiche den Winterboden.

Ja, und dann ist da noch das „immerblühende“ Gänseblümchen, kaum hat es sich im Spätherbst mit Laubkrause verabschiedet, ist es andernorts lange vor Weihnachten schon wieder zur Stelle und verwandelt sonnige Plätze zu kleinen Blühwundern.
Es sind die kleinen Zeichen, die in Zeiten, da angeblich vollkommene Winterruhe herrscht, vom Neuanfang künden. Wir werfen staunende Blicke auf winzige Schönheiten, die Knospen der Kornelkirsche etwa, die ein feines gelbes Gespinst entfalten und zu den ersten Nektartankstellen zählen.

Keiner hat diese Augenblicke besser beschrieben als Karel (C)apek in „Im Jahr des Gärtners“: „Wenn Sie genauer schauen – dabei müssen Sie den Atem anhalten –, finden Sie Knospen und Keimlinge fast überall. Mit einem tausendfachen zarten Puls steigt Leben aus dem Boden empor. Und wir, die Gärtner, lassen nicht mehr locker, eine neue Lebenskraft treibt uns an.“

Noch einer ruht mit Garantie nicht, der Maulwurf. In winterfriedlichen Zeiten, wenn kein Schritt stört und kein Geratter von Gartengeräten nervt, läuft er unterirdisch zur Hochform auf: Sieben Meter in der Stunde schafft der pelzige Geselle, die Auswurfhügel als Etappenziele nicht mitgerechnet.