"Das ist die beste Medizin gegen Depressionen“, sagt die pensionierte Buchhändlerin, „und ganz ohne Nebenwirkungen.“ Sie erwartet uns im Gemeinschaftsraum als Teil einer fröhlichen Runde, die ihr zustimmt. Hierher zu ziehen, sei eine gute Entscheidung gewesen. Hierher, in die Villa Liebenau, ein Projekt betreuten Wohnens im Ex-Postamt des namensgebenden Grazer Stadtteils.

Unter Aufsicht des Denkmalschutzes wurde saniert, ein neuer, über eine Brücke erreichbarer Trakt angebaut. Insgesamt fünfzehn Wohnungen zwischen 45 und sechzig Quadratmetern stehen Senioren zur Verfügung, Wohnungen im Dachgeschoß sind anderweitig vermietet, weil Barrierefreiheit nicht realisierbar war.

Wohnprojekt für ältere Menschen

Die Villa Liebenau ist eines von mittlerweile vielen unter der Marke Silver Living zusammengefassten Wohnprojekten, einerseits für ältere Menschen, andererseits für Studenten. Geschäftsführer Karl Trummer: „In der Steiermark wurden rechtzeitig gesetzliche Grundlagen geschaffen, die ermöglichen, was unser Projekt so speziell macht.“ Und: „Wir suchen bevorzugt alte Gebäude, kaufen sie, sanieren sie und schaffen leistbare Wohnungen.“

Neues Leben in alten  Mauern: Die ehemalige Liebenauer Post ist nur ein Beispiel des Silver-Living-Konzepts der Revitalisierung historischer Gebäude als Lebensraum für ältere Menschen
Neues Leben in alten Mauern: Die ehemalige Liebenauer Post ist nur ein Beispiel des Silver-Living-Konzepts der Revitalisierung historischer Gebäude als Lebensraum für ältere Menschen © Oliver Wolf

Leistbar, weil sich das Land Steiermark und die jeweiligen Gemeinden finanziell beteiligen. Was, so Trummer, aber eine „Win-win-win-Situation“ sei: „Wir verhindern Leerstand, beleben Ortsteile und ermöglichen auch Menschen mit kleineren Einkommen die Vorteile betreuten Wohnens.“ Respektive jungen Menschen. Wie etwa beim jüngsten Projekt in Leoben, wo ein historischer Komplex in zentraler Stadtlage soeben als Studentenwohnheim fertiggestellt wurde.

Glänzende Betreuung

In Sachen Betreuung arbeitet man mit dem Roten Kreuz zusammen. Auch in der „Villa Liebenau“. Hier ist Karin Gspandl „unsere Perle“, wie die Bewohner meinen, was diese so kommentiert: „Die Perlen seid ihr, ich bin die Schnur.“ Man spürt: die Chemie stimmt.

Mit Altbauflair: eine der Wohnungen im ehemaligen Postamt
Mit Altbauflair: eine der Wohnungen im ehemaligen Postamt © Oliver Wolf

Die Oststeirerin blickt auf langjährige Erfahrungen in der mobilen Pflege zurück, ihre aktuelle Tätigkeit (jeweils von Montag bis Freitag) bezeichnet sie als „Traum“. Man könne sich voll einbringen und bekomme „viel zurück“. Es sei aber auch wunderbar zu sehen, wie sich die Bewohner ihren Alltag selbst organisierten. Der Gemeinschaftsraum werde gut angenommen, wer allein sein wolle, könne das in seiner ganz nach eigenem Geschmack eingerichteten Wohnung.

Anfänglich, stellt sich in den Gesprächen heraus, waren alle Bewohner und Bewohnerinnen skeptisch bis ablehnend. Von Bekannten, Söhnen und Töchtern auf die Möglichkeit aufmerksam gemacht, sei die erste Reaktion gewesen: „Ich geh’ doch nicht ins Altersheim.“ „Ich habe dann doch geschnuppert“, sagt die Buchhändlerin. Das habe den Ausschlag gegeben. In ihrer Wohnung mit Balkon im Neubau ist sie so zufrieden wie die anderen in ihren Appartements mit Altbauflair.

Bilder und Pflanzen

In den Gängen des Hauses stößt man auf zahlreiche Bilder, die hauptsächlich aus den Beständen der Bewohner kommen, auch Pflanzen, die mitgebracht wurden. Kunst und Grün tragen das ihre zur Atmosphäre bei.

Mittlerweile stehen fast siebzig Projekte mit knapp 1500 Wohneinheiten auf der Silver Living-Liste. Längst ist man nicht nur in der Steiermark aktiv, sondern auch in Ober- und Niederösterreich, Kärnten sowie in Salzburg und (beratend) in der Slowakei: „Freilich nicht unter den idealen Bedingungen, die man in der Steiermark vorausschauender Weise geschaffen hat.“

Für Karl Trummer ist klar, dass der Bedarf weiter wachsen wird und die nötigen Investitionen „absolut sinnvoll und nachhaltig“ seien. Auch als Entlastung anderer Institutionen: „Nach unseren mittlerweile langjährigen Erfahrungen ist es erstaunlich lange möglich, Menschen im Modell des betreuten Wohnens zu behalten.“