Die aktuelle Konjunkturumfrage der steirischen Industriellenvereinigung zeigt in allen Bereichen kräftig nach oben. Wird auch wieder mehr investiert?
GEORG KNILL: Ja, auch die Investitionsbereitschaft nimmt zu. Das Stimmungsbild ist schon zu Jahresbeginn gut gewesen, vor allem aber der Ausblick zeigt bei allen Indikatoren, also der Geschäftslage, dem Auftragsbestand, der Produktionstätigkeit, der Beschäftigungssituation, aber auch bei Erträgen und Verkaufspreisen nach oben. Die geplante Produktionskapazität erreicht den höchsten Wert seit 2010. Eine siebenjährige Durststrecke geht zu Ende.

Eigentlich gilt Unsicherheit als größtes Konjunkturgift. Überrascht Sie diese breite Erholung vor dem Hintergrund der vielen geopolitischen Verwerfungen?
GEORG KNILL: Tatsächlich sind wir politisch mit einer extrem instabilen Situation konfrontiert. Es ist interessant, dass sich die Wirtschaft davon bis zu einem gewissen Grad abkoppeln kann. Denn wenn man sich nur die politischen Parameter ansieht, müsste man ja meinen, dass alles in Schutt und Asche liegt. Von der guten globalen Konjunktur profitiert auch die steirische Exportwirtschaft. Klar ist aber auch, dass die politischen Risiken den Aufschwung auch sofort wieder dämmen können, derzeit überwiegt aber der Optimismus.

Steigt der Mitarbeiterbedarf?
GEORG KNILL: In den nächsten drei Monaten rechnet mehr als die Hälfte der befragten steirischen Industriebetriebe mit einem steigenden Beschäftigungsstand. Lediglich drei Prozent der Befragten meinen, Personal abbauen zu müssen. Erstmals seit langer Zeit kommt es nun also auch zu signifikant positiven Beschäftigungseffekten, das ist das Erfreulichste an der Situation. Denn der Arbeitsmarkt ist insgesamt noch immer extrem angespannt, mit der guten Konjunktur gibt es hier aber Hoffnung. Damit gehen aber auch Herausforderungen einher.

Welche?
GEORG KNILL: Mit steigendem Bedarf kommen die bekannten Herausforderungen, also die Frage, ob ich die dafür notwendigen Fachkräfte auch finde. Wir sind hier jetzt schon mit vielen Partnern, auch dem AMS in Gesprächen. Es geht darum, wie man durch Maßnahmen aus dem großen Pool an Beschäftigungssuchenden die geeigneten Mitarbeiter finden kann. Das ist von wirtschaftlicher, aber auch von großer gesellschaftlicher Bedeutung. Neben der Verfügbarkeit der Mitarbeiter beschäftigt die Unternehmen aber auch das Thema Arbeitszeiten, die endlich so gestaltet sein müssten, dass modernes Wirtschaften ermöglicht wird.

Das Thema flexible Arbeitszeiten sollen die Sozialpartner ja noch vor dem Sommer lösen.
GEORG KNILL: Da herrscht auf Sozialpartnerebene derzeit aber leider Stillstand, sie haben bis Sommer Zeit, eine tragbare Lösung zu finden. Wir als Industrie fordern eine maximale tägliche Höchstarbeitszeit von zwölf Stunden bei Gleitzeit. Ich bin mir nicht mehr sicher, ob das die Sozialpartner schaffen.

Warum?
GEORG KNILL: Die Positionen sind sehr zerfahren. Wenn es die Sozialpartnerschaft nicht schafft, lösungsorientiert zu handeln, wäre das schade und auch ein schlechtes Zeichen für die Sozialpartnerschaft selbst. Wenn man noch immer auf Ideologien der 1980er-Jahre herumreitet, ist das ein Problem, dann ist die Regierung gefordert und das traue ich ihr auch zu. Die Arbeitszeiten müssen sich der Realität und den Bedürfnissen, sowohl von Arbeitgebern als auch Arbeitnehmern, anpassen. Weg mit den ideologischen Scheuklappen, Polarisierung hat hier nichts verloren. Wer nicht versteht, dass es nur miteinander geht, der hat keine Zukunftschance.

Was versprechen Sie sich von einem neuen Arbeitszeitgesetz?
GEORG KNILL: Viele Gesetze im Arbeitszeitenbereich sind ein Konvolut aus jahrzehntealten Verhandlungsergebnissen, aber vor 50 Jahren herrschten andere Arbeitsbedingungen. Es geht vor allem um sichere Arbeitsplätze. Das ist die Verantwortung der Unternehmer, und der Sicherheitsaspekt sollte auch bei Arbeitnehmervertretern einen größeren Stellenwert einnehmen.

Welche Auswirkungen erwarten Sie durch die Digitalisierung auf den Arbeitsmarkt?
GEORG KNILL: Digitalisierung ist ein riesiger Treiber, auch für den steirischen Arbeitsmarkt. Wir müssen noch stärker ins Umsetzen kommen. Wenn wir mit unserer perfekten Hardware, die wir bieten, jetzt noch die Software integrieren können, dann ist enormes Wachstumspotenzial da. Es wird sich viel ändern, mit neuen Technologien schafft man, das zeigt die Historie, höherwertige Arbeitsplätze und letztlich auch mehr. Es gibt viele Studien, die nur schwarzmalen und die negativen Aspekte hervorstreichen, das lässt sich historisch so nicht belegen. Ich bin da zuversichtlich, wir merken, dass auch massiv in die Digitalisierung investiert wird.