In den ersten neun Monaten des Jahres sind um ein Zehntel mehr Unternehmen pleitegegangen. Von einer Insolvenzwelle sei aber nicht zu sprechen, so der Gläubigerschutzverband KSV1870 in einer Aussendung. Vielmehr handle es sich um ein "durchschnittliches Insolvenzjahr" mit einem moderaten Anstieg, der auf die vergangenen Krisenjahre zurückzuführen sei.

In den ersten drei Quartalen haben sich heuer rund 3900 Firmen für zahlungsunfähig erklärt. Das sind fast zehn Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum, aber nur um 2,6 Prozent mehr als im Vorkrisenjahr 2019. Gleichzeitig seien die mangels Kostendeckung nicht eröffneten Insolvenzen um 6,4 Prozent auf über 1500 Pleiten gestiegen. Die Zahl der betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter stieg im Jahresvergleich um 80 Prozent auf 18.400 Personen und jene der betroffenen Gläubiger um 44 Prozent auf 31.400 Geschädigte.

Passiva stiegen auf rund 1,9 Milliarden Euro

Laut vorläufigen Hochrechnungen des KSV1870 haben sich die Passiva im Vergleich zum Vorjahr um 24,6 Prozent auf rund 1,9 Milliarden Euro erhöht. Diese Entwicklung sei vor allem auf die bisher größten Insolvenzen des Jahres zurückzuführen. Neben dem Möbelhändler Kika/Leiner (132 Millionen Euro Passiva) sind das mit der KSR Group, einem Händler von Zweirädern und Quads, (80 Millionen Euro) und der Sport 2000-Genossenschaft Zentrasport Österreich (rund 69 Millionen Euro) zwei weitere Handelsunternehmen.

Bau, Handel: Diese Branchen sind am stärksten betroffen

Drei Branchen sind laut dem Gläubigerschutzverband nach wie vor die "Insolvenztreiber des Landes": Handel (737 Pleiten, +12 Prozent), Bauwirtschaft (650 Pleiten, +13 Prozent) und der Bereich Gastronomie und Beherbergung (507 Pleiten, +19 Prozent). Zwar verzeichne das Gastgewerbe unter diesen drei Branchen derzeit den größten Zuwachs, doch vor allem das Baugewerbe gerate zunehmend unter Druck. Denn zu den ohnehin steigenden Insolvenzen komme eine stark rückläufige Auftragslage, heißt es vom KSV1870. Dies sei wiederum auf die schwierige Lage der Bauwirtschaft in Deutschland und auf die rückläufigen Baugenehmigungen in Österreich im Vergleich zu 2019 zurückzuführen.

Auch aufgrund der Entwicklungen in der Baubranche rechnet der KSV1870 bis Jahresende mit insgesamt 5300 Unternehmensinsolvenzen und damit erstmals seit dem Vorkrisenjahr 2019 wieder mit mehr als 5000 Pleiten. "Trotz der Entwicklungen im Handel und im Baugewerbe sehen wir aus heutiger Sicht weiterhin keine Insolvenzwelle auf Österreich zukommen", merkte Karl-Heinz Götze, Leiter KSV1870 Insolvenz, an.

Sehr unterschiedliche Zahlen in den Bundesländern

Die Privatkonkurse haben heuer in den ersten neun Monaten um 6,5 Prozent zugenommen, rund 6600 Regulierungsverfahren wurden eröffnet. Die durchschnittliche Schuldenhöhe sank jedoch von knapp 111.000 Euro auf rund 104.000 Euro pro Schuldner.

Die Entwicklung in den einzelnen Bundesländern verlief zum Teil sehr unterschiedlich. Während in Vorarlberg das Plus mit 41 Prozent in den ersten drei Quartalen am deutlichsten ausfiel, gab es in der Steiermark einen Rückgang von 8,1 Prozent. Nach absoluten Zahlen liegt Wien mit über 2100 Fällen und einem Plus von 5,2 Prozent weiterhin klar an der Spitze.

8800 Privatkonkurse erwartet

Der KSV1870 rechnet heuer mit insgesamt rund 8800 Privatkonkursen. Damit würden gegenüber dem Vorjahr 2022 um etwa 600 Fälle mehr in der heimischen Insolvenzstatistik aufscheinen. Das Vorkrisenniveau aus dem Jahr 2019 mit rund 9500 eröffneten Privatkonkursen wäre damit jedoch weiterhin nicht erreicht.

"Die finanzielle Situation der Privaten spitzt sich weiter zu, und auch wenn die Menschen mit ihrem Geld in Krisenzeiten bewusster umgehen, wird es wohl nur eine Frage der Zeit sein, bis die Zahl der Privatkonkurse deutlich in die Höhe schnellt", erwartet Götze.