Bis zum 16. Februar werden Frauen im Vergleich zu ihren männlichen Kollegen dieses Jahr 47 Tage gratis gearbeitet haben. Letztes Jahr fiel der sogenannte "Equal Pay Day" noch auf den 15. Februar. "Im Vergleich zum Vorjahr mussten Frauen heuer einen Tag länger gratis arbeiten", kritisierte AK-Präsidentin Renate Anderl. Die Einkommenssituation habe sich also "wieder verschlechtert". Wie auch die Gleichbehandlungsanwaltschaft forderte sie mehr Einkommenstransparenz.

Schließung der Einkommensschere

Diese Transparenz sei zur Schließung der Einkommensschere notwendig, betonte die Arbeiterkammer in einer Aussendung. Sandra Konstatzky, Leiterin der Gleichbehandlungsanwaltschaft, sah darin ebenfalls einen wichtigen Schritt: "Wir wissen aus unserer Beratungserfahrung, dass vielen Arbeitgeber:innen oft nicht bewusst ist, wo bei ihrem Entlohnsystem Diskriminierungspotenzial liegt." Deswegen fordere man eine Verbesserung des gesetzlichen Rahmens für Lohntransparenz. Weitere Maßnahmen gegen Einkommensdiskriminierung sieht die AK im Ausbau der Kinderbetreuung, notwendig sei auch eine Qualifizierungsoffensive für Frauen und finanzielle Anreize zur Aufteilung der Erziehung zwischen beiden Elternteilen.

Bruttobezüge so hoch wie nie

Die AK verwies auf die grundsätzlich "gute Nachricht", dass laut Statistik Austria die Bruttobezüge aller lohnsteuerpflichtigen Personen in Österreich noch nie so hoch waren wie im Jahr 2021. Allerdings hätten Frauen von diesem Aufwärtstrend "kaum profitieren" können: Männer machten zwar nur die Hälfte dieser Gruppe aus, erhielten aber knapp über 60 Prozent der Bezüge. Denn mit der Höhe der Gehaltsklasse steige auch der Anteil der Männer. In der untersten Gehaltsklasse würden sich hingegen doppelt so viele Frauen (14,9 Prozent) wie Männer (7,6 Prozent) befinden, hieß es in der Aussendung der AK.

Einkommensschere 13 Prozent

Laut dem Momentum Institut beläuft sich die Einkommensschere aktuell auf 13 Prozent. Werden alle Teilzeitbeschäftigten eingerechnet, betrage die Differenz 36 Prozent. Laut dem internationalen Frauennetzwerk "Business and Professional Women" (BPW) verdienen Frauen, die Vollzeit arbeiten, jährlich um ungefähr 6000 Euro weniger als Männer. Einbußen von durchschnittlich 700 Euro bei den Pensionen seien die Folge, hieß es in einer Aussendung des Netzwerks vom Mittwoch. Auf regionaler Ebene zeigen sich demnach große Unterschiede zwischen den Geschlechtern. Während die Einkommensdifferenz in Wien mit drei Prozent verhältnismäßig klein ausfällt, ist sie in Vorarlberg mit 22 Prozent wesentlich höher.

FPÖ will "Pensionsansprüche für Frauen ändern"

FPÖ-Frauensprecherin Rosa Ecker sieht in der Lohnschere ein "Armutszeugnis" und forderte in einer Aussendung, die Pensionsansprüche für Frauen zu verändern. Zeiten für Pflege und Kinderbetreuung müssten für die Pension anrechenbar werden – und erwerbstätige Frauen sollten Anspruch auf eine Mindestpension haben, nicht nur gemeinsam mit ihrem Ehemann. Die Diskussion über die Kürzung von Sozial- und Familienleistungen bei Teilzeitarbeit, die von Arbeitsminister Martin Kocher (ÖVP) angestoßen worden war, bezeichnete Ecker als "komplett verfehlt", da sich überwiegend Frauen in Teilzeitarbeit befinden.

"Diskussion mehr als unangebracht"

Klaudia Frieben vom Österreichischen Frauenring findet Kochers Vorstoß ebenfalls fehl am Platz. "Statt endlich zu handeln, beginnt eine skandalöse Diskussion innerhalb der Regierung rund um die Streichung von Sozialleistungen bei Teilzeit, eine Diskussion, die mehr als unangebracht ist", betonte Frieben in einer Aussendung.

Die NEOS pochen anlässlich des "Equal Pay Day" auf den raschen Ausbau von Kinderbetreuungsplätzen. Für Frauen brauche es "echte Wahlfreiheit", wenn es um die Vereinbarung von Beruf, Betreuung und Kindererziehung geht, betonte Frauensprecherin Henrike Brandstötter.

"Rechtsanspruch auf ganztägige Kinderbetreuung"

Wie die NEOS sehen auch die Grünen den Schlüssel zu mehr Einkommensgerechtigkeit in verpflichtender Lohntransparenz und ausreichend Kinderbetreuungsangeboten.

Die Bundesleiterin der ÖVP-Frauen Juliane Bogner-Strauß und ÖAAB-Bundesfrauenvorsitzende Gertraud Salzmann sehen Politik, Gesellschaft und Wirtschaft gefordert, um Lohngerechtigkeit zu erzielen. Einkommenstransparenz sei wichtig und auch Frauenquoten dürften kein Tabu sein, um Frauen in Führungspositionen zu bringen. "Das erhöht den Unternehmenserfolg und fördert die Gleichstellung der Geschlechter", hieß es in einer Presseaussendung.

Einkommensgleichstellung 2076

Die Gleichbehandlungsanwaltschaft betonte, dass es neben der schlechteren Bezahlung gleichwertiger Arbeit auch weitere Ursachen für das Lohngefälle gibt – etwa die hohe Teilzeitquote von Frauen, die "gläserne Decke", die Teilung des Arbeitsmarktes in geschlechtsspezifische Branchen und die ungleiche Verteilung von Sorge- und Hausarbeit. Bei gleichbleibenden Rahmenbedingungen werde die Einkommensgleichstellung in Österreich erst im Jahr 2076 erreicht, merkte die Gleichbehandlungsanwaltschaft an.