Die milliardenschwere heimische Automobilzulieferindustrie fordert vehement die Umsetzung einer Technologieneutralität auf dem Weg zum (möglichst) emissionsfreien Auto. Es dürfe nicht länger rein auf Elektromobilität gesetzt werden, sondern unbedingt auch auf E-Fuels. Das forderte der Vorsitzende der ARGE Automotive Zulieferindustrie der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ), Dietmar Schäfer.

Rückgänge beim Autoabsatz gingen "auch von einer politisch radikal betriebenen Mobilitätswende aus", sagte Schäfer. Die Verkaufszahlen sind europaweit seit 2019 um ein Drittel eingebrochen. Auch die Absatzzahlen von E-Autos seien "trotz hoher Subventionen" rückläufig. Dass die Neuzulassungen von E-Kfz hauptsächlich durch Firmenflotten getragen würden, zeige zudem, "dass das E-Auto nicht beim privaten Konsumenten angekommen ist".

"Technologieoffenheit und weniger Ideologie" gefordert

Ein Verbrenner-Aus nutze der Umwelt kaum, sagte Schäfer. Derzeit würde schließlich viel Strom aus nicht erneuerbaren Energiequellen getankt. Dem Wirtschaftsstandort Europa würde aber geschadet, alleine das Wort "Aus" sorge für industrielle Verunsicherung. "Wir demotorisieren hier." Es sei zwar gut, dass die EU keine Fahrzeuge mehr wolle, die klimaschädliche Treibhausgase ausstoßen. "Aber die E-Fuels werden damit immer noch nicht in Zusammenhang gebracht", kritisierte Schäfer.

E-Fuels sind synthetische Kraftstoffe aus Wasser und CO₂. Sie rußen weniger als herkömmliche Kraftstoffe. Als klimaneutral gelten sie nur, wenn sie mit Strom aus erneuerbarer Erzeugung oder anderen CO₂-neutralen Quellen hergestellt werden, wenn das zur Herstellung notwendige CO₂ aus der Atmosphäre oder aus nachhaltiger Biomasse entnommen wird. "Wir können damit fürs Klima was tun und am Ende vom Tag auch für den Absatz vernünftige Voraussetzungen schaffen", so Schäfer.

"Technologieoffenheit und weniger Ideologie in der Politik würden mehr Sicherheit für die Zukunft bringen", sagte Schäfer. "Auch wenn zuletzt der Einsatz von E-Fuels zum schneller greifenden Klimaschutz nicht mehr ausgeschlossen wurde, fehlen die regulatorischen Rahmenbedingungen. Das behindert den schnellen Ausbau der Kapazitäten."

Viele wirtschaftliche Schocks

Einhergehend mit, aber auch bedingt durch die vielen wirtschaftlichen Schocks in kurzer Zeit in den vergangenen Jahren, sei den Zulieferern – im Gegensatz zu den Autobauern selbst – ein Margen-Problem entstanden, beklagte der Zulieferer-Vertreter. "Das Pendel schlägt aktuell zulasten der Zulieferer", sagte Schäfer. Am stärksten litten KMU. Das liege vor allem daran, dass alles teurer werde, Zulieferer aber vertraglich vereinbarte Preise über gewisse Laufzeiten haben, an denen sich nur sehr wenige Schrauben drehen ließen.

Die Autobauer selbst würden aber prächtig verdienen, weil sie keine Rabatte mehr gewährten. Man hänge meist vom "Goodwill" der Kunden ab. Man kriege jedenfalls nicht alle Preissteigerungen in den eigenen Preisen unter. Dazu kämen unter vielen weiteren Schwierigkeiten etwa Probleme bei der Lagerhaltung aufgrund der Lieferkettenverwerfungen, wodurch Kosten entstehen. Generell ist davon auszugehen, dass Autos weiterhin teurer werden.

81.000 Beschäftigte 

Die Bedeutung der Austro-Zulieferindustrie ließ sich die ARGE vom Industriewissenschaftlichen Institut (IWI) mit einer Studie untermauern, die von der WKÖ und der Industriellenvereinigung (IV) getragen wird. Demnach sind insgesamt 900 Firmen in Österreich ganz oder teilweise in dieser Industrie tätig, 300 davon sind reine Zulieferer. Mit gut 81.000 Mitarbeitenden wurde voriges Jahr ein Umsatz von 28,5 Milliarden Euro erzielt. Ein Euro an Wertschöpfung bei den Kfz-Zulieferern sorge für insgesamt 2,12 Euro Wertschöpfung in Österreich. Insgesamt würden gut 205.000 Arbeitsplätze gesichert, denn jeder Zuliefererjob sichere gut 1,5 andere Jobs außerhalb der Branchengrenze.

Die Exportquote liegt bei etwa 70 Prozent. Gut die Hälfte der Firmen erwirtschaftet mehr als die Hälfte des Umsatzes im Ausland. 90 Prozent erzielen teilweise Umsätze im Ausland. Wichtigste Abnehmer sind die deutschen, französischen und italienischen Autobauer.

Riesiges Thema in der Branche – wie in vielen anderen – ist der Fachkräftemangel. Als Abhilfe sollen aus Sicht der ARGE etwa Bachelorstudiengänge im Ingenieurbereich verkürzt werden. "Investiert wird viel in die Bildung, der Output ist aber zu gering", kritisierte Schäfer.