Nach dem Kurswechsel der EZB wächst für Sparerinnen und Sparer erstmals seit vielen Jahren wieder die Hoffnung auf höhere Zinsen. Während einige Banken schon mit leichten Anpassungen reagierten, blieb der Wunsch nach spürbaren Erhöhungen für viele Konsumenten aber noch unerfüllt. Im neuen Jahr könnte sich das ändern. Denn der Inflationsdruck dauert an und dürfte zu weiteren Zinssteigerungen führen, erwartet Bankenverband-Experte Bernhard Freudenthaler.

"Wir sind noch nicht am Ende, weil die Inflation immer noch nicht eine deutliche Trendumkehr gemacht hat", sagte Freudenthaler im Gespräch mit der APA. Er könne sich vorstellen, dass den zuletzt erfolgten Leitzinsanpassungen noch weitere Schritte folgen werden – bis hin zu einem Niveau von 4 Prozent. Effekte brachten die jüngsten Zuwächse bisher vor allem für das Kreditgeschäft, also die Kreditzinsen, weniger für Spareinlagen. Sollte die Europäische Zentralbank wie erwartet nachlegen, werde es jedoch auch im Bereich der Sparzinsen zu einer Nivellierung nach oben kommen, schätzt der Experte.

"Evaluieren und beobachten"

Die großen österreichischen Institute hielten sich zu diesem Thema gegenüber der APA weitgehend bedeckt. Seitens der Raiffeisenbank NÖ-Wien etwa verwies man darauf, die Sparzinsen bei Produkten mit gebundenen Laufzeiten bereits erhöht zu haben. Darüber hinaus evaluiere man die Marktentwicklungen laufend, sagte der Bereichsleiter für Geschäfts- und Privatkunden der RLB NÖ-Wien, Alexander Stegbauer.

In eine ähnliche Kerbe stieß die Bank Austria. Zinserhöhungen für bestehende Sparprodukte nehme man gemäß der vereinbarten Konditionen quartalsweise vor, für das Neugeschäft beobachte man weiter den Markt, so Vorständin Daniela Barco in einem Statement.

Die Erste Bank betonte gegenüber der APA, auf Sparkonten mit längerer Laufzeit im Vergleich zum Fixzinssatz aktuell eine höhere Verzinsung anzubieten. Aus der Bawag wiederum verlautete man schlicht, dass man die Marktentwicklungen weiter aufmerksam verfolge.

"Nachschärfen"

Eine konkrete Aussicht auf weiter steigende Zinsen für Spareinlagen im Jahr 2023 geben die genannten Institute also nicht – explizit verneint werden Steigerungen aber ebenso nicht. Anders verhält es sich bei den Wiener Volksbanken: Dort hat man die Zinsen schon im Frühherbst erhöht und wird demnächst weiter nachschärfen, verkündete ein Sprecher.

Folgt man einer Analyse der Plattform "durchblicker.at", so zeigt sich am Markt für Sparzinsen in Österreich in der Tat schon ein Trend: Bei Bindung der Spareinlagen auf ein Jahr stieg die Bandbreite der Verzinsungen seit Oktober von 0,50 bis 2,15 Prozent auf 1,40 bis 2,85 Prozent. Neukunden bekommen bei manchen Instituten in den ersten drei Monaten mittlerweile 2 Prozent. Für Tagesgeld lag die Spannweite je nach Bank zuletzt zwischen 0,01 bis 1,25 Prozent.

Zinsen können Inflation noch lange nicht ausgleichen

Deutlich wird bei diesen Zahlen allerdings auch: Die Inflation mit Werten von teilweise über 10 Prozent könne die Sparzinsen nicht ausgleichen, selbst wenn sich diese - wie von Freudenthaler erwartet - weiter erhöhen werden. Um dem Kaufkraftverlust entgegenzuwirken, sollte man sich anderen Veranlagungsformen zuwenden, so der beinahe einhellige Tenor aus den Banken. Mehr als eine Reserve, den sprichwörtlichen "Notgroschen", auf Sparbüchern oder Sparkonten anzulegen, mache weiter wenig Sinn.

Wie stark verschiedene Banken ihre Konditionen an das allgemeine Zinsniveau anpassen, hängt laut Freudenthaler in erster Linie von deren Liquiditätsbedürfnissen ab. "Hat eine Bank noch Bedarf, mehr Liquidität zu generieren, wird sie mit den Zinsen im Passivbereich (bei den Sparzinsen, Anm.) stärker hinaufgehen gegenüber dem Markt." Das sei eine Möglichkeit, sich Liquidität zu beschaffen.

Das Geschäft aber mache die Bank auf der Aktivseite. Im Regelfall würden die Kreditzinsen daher die Sparzinsen übersteigen. Da Kredite und Einlagen aber nicht unabhängig voneinander im luftleeren Raum stehen, können die entsprechenden Zinssätze auch gleich verlaufen oder zeitversetzt wachsen und schrumpfen, erklärt der Experte. Letztlich werde die weitere Entwicklung aber in erster Linie von der EZB abhängen, die mit ihrem Kurs immer auch darauf achten müsse, die Wirtschaft nicht zu stark abzuwürgen.