Der Anstieg der Verbraucherpreise in Deutschland hat sich im November etwas verlangsamt. Die Inflationsrate war mit 10 Prozent aber weiter zweistellig. Das Statistische Bundesamt bestätigte am Dienstag eine erste Schätzung. "Die Inflationsrate verweilt trotz leichter Entspannung bei den Energiepreisen mit 10,0 Prozent weiterhin auf einem hohen Stand", sagte der Präsident der Wiesbadener Behörde, Georg Thiel.

"Wir beobachten zunehmend auch Preisanstiege bei vielen anderen Waren neben der Energie." Im Oktober hatte die Teuerungsrate mit 10,4 Prozent den höchsten Stand seit etwa 70 Jahren erreicht.

Volkswirte sehen in der Abschwächung im November noch keinen Grund zur Entwarnung. Viele Ökonomen rechnen erst im Frühjahr mit einem deutlicheren Rückgang der Teuerung. Hohe Inflationsraten schmälern die Kaufkraft von Verbraucherinnen und Verbrauchern und zehren Einkommenszuwächse auf. Die Menschen können sich für einen Euro weniger leisten.

Genutzt, um ihre Gewinne auszuweiten

Viele Unternehmen nutzen einer Studie zufolge die hohe Inflation zur Steigerung ihrer Gewinne aus. Höhere Preise für Energie und Vorleistungen allein erklärten nicht das Ausmaß der Inflation in Deutschland, heißt es in der am Dienstag veröffentlichten Untersuchung des Ifo-Instituts. Vor allem im Handel, der Landwirtschaft und am Bau dürften Unternehmen die Preissteigerungen dazu", sagte Ifo-Experte Joachim Ragnitz.

Konsumnachfrage durch Corona befeuert

Dies legten Daten der amtlichen Statistik zur Wirtschaftsleistung nahe. Daraus haben die Ifo-Experten Unterschiede zwischen nominaler und preisbereinigter Wertschöpfung ermittelt. Dadurch ließen sich Rückschlüsse auf Preisanhebungen ziehen, die nicht durch höhere Vorleistungskosten verursacht wurden. "Nach Corona hatten private Haushalte hohe Ersparnisse angesammelt", sagte der stellvertretende Leiter der Ifo-Niederlassung Dresden, Ragnitz. "Diese wurden im Jahr 2022 aufgelöst und haben die Konsumnachfrage befeuert." Auch die milliardenschweren Entlastungen durch die Regierung dürften dazu beigetragen haben, die Nachfrage zu stützen und damit Spielräume für Preisanhebungen zu erweitern.

Wo die Preise unverhältnismäßig steigen

Insbesondere in der Land- und Forstwirtschaft einschließlich Fischerei sowie im Baugewerbe und in den Branchen Handel, Gastgewerbe und Verkehr haben demnach viele Unternehmen ihre Preise deutlich stärker erhöht, als es aufgrund der gestiegenen Kosten für Vorleistungen allein zu erwarten gewesen wäre. "Einige Unternehmen scheinen den Kostenschub als Vorwand dafür zu nehmen, durch eine Erhöhung ihrer Absatzpreise auch ihre Gewinnsituation zu verbessern", sagte Ragnitz.

Landwirtschaftsbetriebe hätten zunächst wohl ihre Vorräte an Dünge- und Futtermitteln aufgebraucht, in ihrer Kalkulation aber die zu erwartenden Preissteigerungen bei Nachbestellungen bereits eingerechnet. Auf dem Bau dürften Ungleichgewichte zwischen Angebot und Nachfrage zu den besonders starken Preiserhöhungen beigetragen haben. Das gelte vor allem für einige Ballungszentren.

Gewinninflation dämpfen

Gegen überzogene Preisanhebungen helfe nur mehr Wettbewerb, sagte Ragnitz. Verbraucher könnten auch billigere Produkte kaufen und so die Gewinninflation dämpfen. Es bestehe kein Grund für staatliche Eingriffe in die Preise. Auch eine Übergewinnsteuer sei wegen ihrer verzerrenden Wirkung auf die Knappheitssignale des Marktes weder marktkonform noch rechtssicher durchzusetzen.

Da es keine Anhaltspunkte dafür gebe, dass hinter den Preissteigerungen Absprachen der Unternehmen stehen, seien auch kartellrechtliche Maßnahmen nicht hilfreich. Die Bekämpfung der Inflation sei vor allem eine Aufgabe der Europäischen Zentralbank (EZB). Die Regierung könne zur Senkung der Inflation beitragen, indem sie auf breit angelegte Entlastungen zugunsten aller Haushalte verzichte und politische Maßnahmen auf besonders arme Haushalte beschränke.