Die Fußball-WM in Katar ermöglicht den Wettanbietern ein ungewöhnlich gutes Weihnachtsgeschäft. In Österreich verzeichnet die Branche im Vorfeld des am Sonntag beginnenden Turniers bereits reges Interesse, aufgrund des fehlenden ÖFB-Teams ist aber keine Umsatzexplosion zu erwarten, sagt Philip Newald, der Geschäftsführer von tipp3 – hinter admiral die heimische Nummer zwei am Wettenmarkt. Und: "Wir gehen davon aus, dass das Niveau von Anfang höher ist als sonst. Normalerweise brauchen die Kunden etwas Zeit, um in der WM anzukommen, einen Überblick über Stärken und Schwächen zu haben und ihre Wetten zielsicher zu platzieren."

Üblicherweise mache sich eine WM im Jahresumsatz wie ein zusätzlicher Monat bemerkbar. Dazu tragen auch viele Kunden bei, die ausschließlich auf Großevents setzen. "Es gibt eine eigene Klientel, die wettet nur bei Großereignissen und in der WM-Quali oder beim Champions-League-Finale", sagt Newald.

"Nicht den moralischen Zeigefinger"

Außergewöhnlich sei diesmal hingegen, dass ein Großteil der Kunden mit vielen Überraschungen rechne. Wetten auf einen Außenseiter-Weltmeister würden extrem oft gespielt, sagt Newald und nennt Dänemark als Beispiel. Die WM-Favoriten sind freilich auch für seine Buchmacher die üblichen Verdächtigen wie Brasilien, Argentinien und Frankreich. Eine mitentscheidende Rolle komme auch der speziellen Konstellation der WM zu. "Diese WM ist sicher die herausforderndste, die wir je hatten", erläutert Newald bezüglich der Begleitumstände. Als Buchmacher solle man aber nicht unbedingt nur den moralischen Zeigefinger heben, wie er anfügt.

Newald hofft, dass man nach Katar wieder zum Normalbetrieb zurückfindet. "Diese WM ist spannend. Aber wir sind froh, wenn der Fußball dann wieder dahin zurückkehrt, wo er war." Er rechnet trotz allem mit hohen Einschaltquoten und hofft auf eine gelungene WM.

Seiner Ansicht nach gehe es den Wettkunden weniger darum, viel Geld zu machen, sondern um das emotionale Erlebnis und ein spannendes Ereignis. Das zeige auch der durchschnittliche Wetteinsatz von 15 Euro. Insgesamt werde vor dem Turnier auf Mannschaften gewettet, denen man Erfolg wünsche, im späteren Verlauf spiele dann die Turnierdynamik eine große Rolle. Besonders polarisierend sei für viele das Abschneiden der deutschen Mannschaft.

Angesprochen auf kolportiertes Interesse an ihm für den Posten als Wirtschaftsgeschäftsführer von Rapid Wien winkt Newald ab. "Das ist derzeit keinerlei Thema – wir haben mit der Fußball-WM mehr als genug Arbeit am Tisch."