Als Österreichs größter Stromerzeuger Verbund Ende des Vorjahres den Einstieg in ein riesiges Solarprojekt in Spanien fixierte, zeichnete sich die Tragweite dieses ersten Schritts auf die iberische Halbinsel nur in Umrissen ab. Nach zwei weiteren Zukäufen und im Licht der Eröffnung des ersten Fotovoltaikparks ist klar: Die Erneuerbare Zukunft bei Strom aus Sonne und Wind spielt für den Verbund im Südwesten der EU. Insgesamt 75 Fotovoltaikprojekte und elf Planungen für Windparks verfolgt Verbund inzwischen in Spanien.

Über die möglichen Investitionssummen kann im Moment nur spekuliert werden, weil der Konzern dazu noch keine genaueren Angaben macht. Aber allein die am Mittwoch eröffnete Anlage Pinos Puente bei Granada dürfte mit 150 Megawattpeak Leistung rund 150 Millionen Euro gekostet haben. Sie soll aber bei weitem nicht die größte Anlage bleiben, bestätigt Verbund-Chef Michael Strugl anlässlich der feierlichen Inbetriebnahme. Selbst wenn nicht alle Planungen der Projekt-Pipeline auch tatsächlich auf den Boden gebracht werden sollten, dürfte es mittelfristig also um einen sehr beträchtlichen Teil der Milliardeninvestitionen gehen, die Verbund in den nächsten Jahren plant. Bis 2030 will man mehr als drei Gigawatt Leistung installiert haben.

Viel Geld für Leistungssteigerung

In Österreich kann der börsennotierte Konzern Investitionen in solchen Dimensionen gar nicht mehr umsetzen. Bei den eigenen Kraftwerken wird seit einigen Jahren für jede Möglichkeit der Leistungssteigerung viel Geld in die Hand genommen. Und sollten tatsächlich demnächst auch andere Bundesländer – außer dem Burgenland – massiv Tempo beim Erneuerbaren-Ausbau machen, dann wird nicht Verbund der große Spieler am Markt sein, sondern zuerst die Landes-Energieversorger.

"Mit Projekten wie diesen in Pinos Puente können wir den Switch zu Erneuerbaren Energien schnell schaffen," so Strugl. Bis spätestens 2030 will der Konzern rund ein Viertel seiner gesamten Stromerzeugung mit Sonne und Wind darstellen. Für den Konzern ist das auch eine Strategie zur Risikominimierung. Denn die Wasserkrafterzeugung ist zunehmend den Auswirkungen des Klimawandels ausgesetzt, wie spätestens der Extremsommer in Europa mit vielerorts so niedrigen Wasserständen wie noch nie in der Messgeschichte zeigte.

Viel größere Anlagen möglich

Spanien ist Europas "Hotspot" für Erneuerbaren-Ausbau: Wer hier investiert, bekommt für das gleiche Geld etwa den doppelten Stromertrag. Die geringe Bevölkerungsdichte am Land erlaubt viel größere Anlagen. Für Landbesitzer sind die Pachterträge lukrativer, als dem dürren Boden Ernten abzutrotzen. Gegen Spekulation hat die Regierung zudem einen wirksamen Riegel vorgeschoben: Wer ein Projekt plant, muss erst einmal 40.000 Euro pro Megawatt Leistung für den notwendigen Netzanschluss hinterlegen. Wer dann nichts macht, verliert das Geld. Das passiert übrigens auch, wenn Umweltverträglichkeitsprüfungen ein Projekt kippen.

Federführend ist Dietmar Reiner für die Umsetzung der Mega-Pläne des Verbund in Spanien verantwortlich. Seit einem Jahr baut der Chef der Verbundtochter Green Power das Team in Madrid auf. 40 Mitarbeiter sollen es bis Jahresende sein. Viele Projekte haben Reiner zufolge bereits den notwendigen Netzanschluss, was den Verbund-Manager optimistisch macht, sehr schnell weitere Anlagen ans Netz zu bekommen.
Wie schnell solche Großanlagen rein baulich umgesetzt werden können, zeigt Pinos Puente in Granada eindrücklich. In weniger als einem Jahr wurden hier 273.384 Fotovoltaik-Module in installiert – ohne einen Cent Förderung übrigens, wie der Erbauer, der bayerische Konzern „BayWa re“ betont. Die Anlage produziert fast so viel Strom wie das Donaukraftwerk Freudenau. Auf zehn Jahre kauft diesen Strom der belgische Bierbrauer Anheuer-Busch.

Für seine westeuropäischen Brauereien kann sich der Weltkonzern dann bald Klimaneutralität auf die Etiketten schreiben. "Wir können einen entscheidenden Unterschied leisten," so Anheuer-Busch-Managerin Cybelle Buyck.