ÖBAG-Chefin Edith Hlawati hat ihre Vorstellungen zur Rolle der Staatsholding erstmals vor Journalisten erläutert. Der Fokus liegt beim Beteiligungsmanagement und der Ausübung der Kernaktionärsrechte. Aktuell überarbeitet die frühere Wirtschaftsanwältin ein Konzept zum Eingehen neuer Minderheitsbeteiligungen an standortrelevanten (Tech-)Firmen. Hlawati betont auch ESG-Belange - etwa will sie eine "Lücke" in der Governance bei Aufsichtsratsbesetzungen schließen.

Bevor sie im Februar das Amt übernahm, beriet Hlawati die Holding bzw. deren Vorgängerunternehmen als Wirtschaftsanwältin 30 Jahre lang: "Es gibt keinen Mandanten, für den ich länger gearbeitet habe", sagte Hlawati, "das schafft Pflichtgefühl und Verbundenheit. Was mir aber noch wichtiger ist: Ich glaube an die Sache." Nun gehe es ihr "um eine nachhaltige Wertsteigerung und eine langfristige Stärkung des Standorts". Hlawati will eine "nachhaltige Dividendenentwicklung mit einer kontinuierlichen Steigerung - nicht exzessiv und sicher nicht auf Pump".

Die ÖBAG fungiere als "Dach" über ihren Beteiligungen an wichtigen und teils börsennotierten Schwergewichten wie der OMV, Telekom, Post, Verbund oder Casinos. Bei OMV und Telekom hat die Staatsholding Syndikatspartner, um ihre Kernaktionärsrechte auszuüben. "Bildlich gesehen ist das Dach auch Schutzschild zur Abschirmung vor politischem Einfluss."

"Kein rascher Profit"

Praktisch alle ÖBAG-Beteiligungsunternehmen befänden sich "in einer Transformation". "Einfach" sei naturgemäß gar keine Beteiligung. "Wir haben da schon Aufgaben", sagte Hlawati, die einen "Patient capital"-Ansatz verfolgt. Dabei geht es nicht um raschen Profit. "Es wird in Generationen gedacht, nicht in Quartalen, Jahresergebnissen oder Exit-Plänen." Die neueste Strategie der OMV, vorige Wochen von deren Unternehmenschef präsentiert, passe hier ins Bild. Denn die Beteiligungsunternehmen bräuchten "stabile Kernaktionäre, die nicht nur Entscheidungen mittragen, sondern auch begleiten".

"Keine Einkaufstouren"

Während es bei den Beteiligungsunternehmen verschiedenste Herausforderungen gibt, geht es für die ÖBAG künftig womöglich auch darum, bei neuen Unternehmen einzusteigen. Es gehe aber keinesfalls um eine Einkaufstour. "Es geht um etwaige Minderheitsbeteiligungen, Finanzierungen oder Garantien für standortrelevante Unternehmen", sagte Hlawati. Die Strategie dazu setzt sie gerade neu auf und präsentiert diese bald dem Finanzminister, von dem es ein Okay braucht. Denn der Minister, derzeit Magnus Brunner (ÖVP), ist der "Herr über die Dividenden" der ÖBAG, aus deren Anteilen die Beteiligungen finanziert, so Hlawati. Hierbei könne man gemeinsam mit Fonds vorgehen, denn mittlerweile seien staatliche Ankeraktionäre wieder gefragt.

Bisher war stets von etwa einer Milliarde Euro die Rede, die eingesetzt werden könnten, um Unternehmen eine Folgeinvestition zu ermöglichen oder einen Einstieg anderer zu verhindern, die den Unternehmenssitz aus Österreich abziehen könnten. Beispielsweise könnten 100 Mio. Euro für ein Unternehmen locker gemacht werden. Wie stark man sich dann beteilige, müsse im Einzelfall angeschaut werden. Zudem könnten Unternehmen auch zur Kapitalmarktreife geführt werden, so die Expertin. "Privatisierungen spielen in den nächsten Jahren hingegen keine Rolle."

"Es geht auch nicht um Start-ups", betonte Hlawati. Die Firmen müssten ein schon länger funktionierendes Geschäftsmodell haben sowie Forschung und Entwicklung betreiben. Dahingehend werde sie die Strategie ihres Vorvorgängers Thomas Schmid, der die ÖBAG aufgrund verschiedener politischer Skandale verlassen musste, "nachschärfen". "Es geht stark um Tech-Unternehmen, die in den jeweiligen Regionen auch Cluster-Potenzial haben, deren Know-how nicht abwandern und deren Hauptsitz in Österreich bleiben soll." Ansatz sei das Investitionskontrollgesetz, das Übernahmen aus Drittstaaten verhindern kann.

Rund um ESG-Belange werden Umwelt- und Frauenthemen verstärkt bearbeitet. So sollen Frauenkarrieren gefördert werden, wie aktuell bereits bei der Post mit einem entsprechenden Index der Fall, so Hlawati. Umweltthemen würden in den Beteiligungsfirmen stark adressiert.

"Professionelle Besetzung der Aufsichtsratsjobs"

Bei der Strategie zur "Weiterentwicklung der Aufsichtsratsbesetzungen und darüber hinaus Vorstandsentscheidungen" sei auf Aufsichtsratsseite schon einiges geschehen, so Hlawati, die selbst erfahrene Aufsichtsrätin ist und jenen der Post und Telekom Austria vorsitzt. "Es geht darum, in den Standards noch eine Lücke zu schließen, auch wenn die Governance-Regeln gut eingehalten werden. Aber der Anspannungsgrad dessen, was von internationalen Unternehmen erwartet wird, ist höher." Es gehe um eine professionelle Besetzung der Aufsichtsratsjobs. Die Entsendeten sollen nicht nur unabhängig sein, sondern auch verstärkt nach Expertisen ausgewählt werden, die zu den Unternehmen passen. Die Fachleute sollen aus einem Pool in der ÖBAG kommen oder über Personalberater ausfindig gemacht werden.

Zudem sollen sogenannte "Staggered boards" eingesetzt werden. Dort haben die Aufsichtsräte kürzere Mandate als gesetzlich mit fünf Jahren vorgesehen. So werde eine rollierende Besetzung des Gremiums hergestellt, bei dem dann jährlich ein oder zwei Posten zur Wahl in der Hauptversammlung anstehen. So könnten Expertisen laufend angepasst werden, so Hlawati. "Internationale Investoren schauen auch darauf, dass viele Unabhängige in Aufsichtsräten sitzen", betonte sie.

Bei der ÖBAG wurden von Beobachtern oftmals hohe Beratungskosten kritisiert. Es gibt ein Panel für verschiedene Bereiche, wo diese gebraucht werden - Finanzen, Strategie, PR, Recht und Personal. Ins Panel gelangen nur Anbieter, die vorher nach dem europäischen Ausschreibungsgesetz ausgewählt wurden. "Das ist nie günstig. Ohne Abruf müssen wir aber auch nichts bezahlen", erläuterte Hlawati.