Nachdem die Finanzmarktaufsicht (FMA) der Sberbank Europe am 1. März die Fortführung des Geschäftsbetriebs untersagt hat, muss nun die österreichische Einlagensicherung für die Guthaben der Bankkunden geradestehen. Die rund 35.000 Kunden der Sberbank Europe sind fast ausschließlich deutsche Privatkunden – von ihren Einlagen in Höhe von rund 1,1 Milliarden Euro sind 913 Millionen Euro gesichert, teilte die Einlagensicherung Austria GesmbH (ESA) am Mittwoch mit.

Das Gesetz - konkret das Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungsgesetzes (ESAEG) - sichert Kundenguthaben bis zu 100.000 Euro pro Person durch die Einlagensicherung Austria (ESA) ab. Die Sbernak Europe ist nun - nach der Anglo Austrian Bank (AAB), der Commerzialbank Mattersburg und der Autobank - bereits der vierte Fall für die ESA binnen zwei Jahren.

Filiale in Frankfurt

Die Sberbank Europe AG mit Sitz in Wien gehört zu 100 Prozent der russischen Sberbank und tritt in Deutschland unter der Marke "Sberbank Direct" auf. Die dortigen Kunden werden über die Filiale der Sberbank Europe in Frankfurt am Main geführt. Das Entschädigungsverfahren wickelt die Entschädigungseinrichtung deutscher Banken (EdB) ab, aber auf Rechnung der österreichischen Einlagensicherung.

Für rund 120 österreichische Einleger – es handelt sich ausschließlich um Firmenkunden – werde man das Entschädigungsverfahren direkt abwickeln, erklärte die Einlagensicherung.

Österreichs Banken haften

Für die gesamte Entschädigungssumme müssen anteilig alle österreichischen Banken aufkommen. Das Geld stehe auf einem eigens für diesen Sicherungsfall eingerichteten Auszahlungskonto der Einlagensicherung bereit. "Die Entschädigungseinrichtung der deutschen Banken wird in Abstimmung mit der ESA dafür sorgen, dass auch in Deutschland alle anspruchsberechtigten Einleger rasch und unkompliziert zu ihrem Geld kommen", sagte ESA-Geschäftsführer Stefan Tacke. "In den nächsten Tagen werden alle Einleger von der EdB einen Brief erhalten, in dem die erforderlichen weiteren Schritte erklärt werden. Die österreichischen Einleger werden direkt von uns kontaktiert." Die Auszahlung muss laut Gesetz innerhalb von 10 Tagen erfolgen. 

Vorerst müssen alle österreichischen Geldinstitute für die Sberbank Europe einspringen, auch jene mit eigenem Sicherungssystem wie die Sparkassen und der Raiffeisensektor, der nach der Causa Commerzialbank ebenfalls ein eigenes Netz eingezogen hat und seit Kurzem nicht mehr Teil der ESA ist. Doch die Sberbank ist ein Sonderfall, erklärt Tacke, sie sei eine von derzeit noch sechs Banken, bei denen das Risiko per Gesetz anteilig auf den gesamten Sektor aufgeteilt wurde.

In welcher Größenordnung die einzelnen Sicherungssysteme zahlen müssen, ergibt sich laut Tacke aus den "gedeckten Einlagen der jeweiligen Mitgliedsinstitute zum 31.12.2021." Daraus lasse sich eine ungefähre Verteilung der Last von 40 Prozent für die ESA, 36 Prozent für Raiffeisen und 24 Prozent für die Sparkassen ableiten, so der ESA-Chef.

Die Aufteilung

Nach dieser Aufteilung müsste die ESA demnach in etwa 365 Millionen Euro berappen, das Sicherungssystem der Raiffeisengruppe müsste für rund 273 Millionen Euro aufkommen und die Sparkassen-Gruppe für rund 219 Millionen Euro. Um die notwendigen Beiträge ganz genau bestimmen zu können, müsse man aber die vollständigen Daten der Sberbank Europe abwarten.

Auch die Volksbanken kommen bei der Sberbank Europe über die ESA finanziell zum Handkuss – mit 60 Millionen Euro. Laut Volksbanken-Chef Gerald Fleischmann sind die verteilt über die nächsten drei Jahre einzuzahlen. Er erwartet, dass man zumindest einen Teil wieder sehen wird. „Das ist der Preis, den wir zahlen müssen, dass wir uns für die Freiheit einsetzen“, so Fleischmann.

913 Millionen Euro sind annähernd die doppelte Summe, die die ESA im Fall der Commerzialbank an die Geschädigten hatte auszahlen müssen. Auch wenn das die Banken schmerzlich trifft, sollte der Schaden im Fall der Sberbank Europe begrenzt sein. ESA-Chef Tacke rechnet fix damit, dass das Geld zurückkommt: "Es sind entsprechende Werte vorhanden."

Fix ist aber auch, dass die Banken schon bald in den Topf der ESA einzahlen müssen, denn der war nach den vermehrten Sicherungsfällen Ende 2020 nur noch mit 432 Millionen Euro dotiert. „Das ist die Kasse für die ersten Tage“, beruhigt Tacke im Gespräch mit der Kleinen Zeitung, „die Geldinstitute sind gefordert, das in Kürze aufzufüllen.“

Töchter in Slowenien und Kroatien mit neuen Eigentümern

Unterdessen haben die Sberbank-Töchter in Slowenien und Kroatien neue Eigentümer bekommen. In Slowenien wurde die Sberbank am Dienstag von der größten Bank im Land, der NLB, gekauft. Die kroatische Tochterbank wurde von der staatlichen Postbank, Hrvatska Postanska Banka (HPB), übernommen. Die Kunden in beiden Ländern können ab Mittwoch ihre Geschäfte wieder ungehindert abwickeln, nachdem diese wegen eines Moratoriums zwei Tage lang eingeschränkt waren, berichteten Medien.

Die slowenische Notenbank, die am späten Dienstagabend die Übernahme der slowenischen Sberbank-Tochter durch die NLB bekannt gab, betonte, dass mit dieser Lösung die finanzielle Stabilität in Slowenien erhalten worden sei, ohne andere Banken oder das Staatsbudget zu belasten. Die andere Möglichkeit zur Lösung der Situation wäre das Ende des Geschäftsbetriebs gewesen, womit die staatliche Einlagensicherung aktiviert werden müsste.

Die NLB hat das Eigenkapital der slowenischen Sberbank sowie alle Vermögenswerte, Verbindlichkeiten und Kunden übernommen, hieß es. Der Wert der Transaktion wurde nicht bekannt gegeben. Die NLB wird laut Medienberichten sofort die nötige Liquidität sichern, so dass es keinen Bedarf für die Einlagensicherung gebe.

Auch in Kroatien wurde mit der Übernahme durch die staatliche HPB, der sechstgrößten Bank im Land, eine ähnliche Lösung für die Sberbank gefunden. Medienberichten zufolge hat die Sberbank in Kroatien rund 86.000 Kunden, davon rund 80.000 Privatkunden. Ihre Einlagen werden auf insgesamt 3,8 Mrd. Kuna (502,25 Mio. Euro) beziffert. Nach Angaben der kroatischen Behörden sind 90 Prozent der Einlagen staatlich gesichert.