Spätestens bis Ende des Jahres dürfte die Energie-Teuerungswelle auch bei den Endkunden ankommen. „Alle Grundversorger werden ihre Preise signifikant nach oben anpassen“, erwartet der Gründer des Vergleichsportals „Durchblicker“, Reinhold Baudisch. Unter dem Strich könnten die Kunden eines durchschnittlichen Haushalts im kommenden Jahr rund 100 Euro mehr für Strom hinblättern müssen und sogar bis zu 400 Euro mehr für Gas.

Ein allgemeingültiges „Rezept“, der Entwicklung zu entkommen, gibt es übrigens nicht. Kunden von Energieversorgern könnte es etwas weniger hart erwischen. Abhängig davon, ob der Erzeuger die Preisschraube vielleicht etwas weniger anzieht. Strom- und Gas-Handelsunternehmen haben diesen Spielraum nicht. Wer einen Fixtarif mit noch längerer Bindung hat, kann sich auf der glücklicheren Seite wähnen. Floatertarife, die mit dem Marktpreis mitschwimmen, machen die Preisentwicklung voll mit. Hier gibt es üblicherweise auch Bindungsfristen, während sonst Preiserhöhungen den Kunden eine Sonderkündigung des Vertrages erlauben.

Dreimal so viele Anbieterwechsel wie üblich

Die Sparpotenziale durch Anbieterwechsel dürften in den kommenden Monaten gering werden, sagt Baudisch. Dennoch rechnet er mit einer Welle bei den Anbieterwechseln. Aktuell gebe es bis zu dreimal so viele Umstiege wie üblich. Baudisch: „In diesem Extrem haben wir das noch nie erlebt.“ Noch ortet Durchblicker 152 Euro Sparpotenzial in der Steiermark und 130 Euro in Kärnten.

Ob die Preisrallye im nächsten Sommer abklingt, will Baudisch nicht prognostizieren. Beim Preisregulator E-Control, dessen Tarifkalkulator auch detaillierte Vergleichsmöglichkeiten bietet, rechnet man nach der Heizsaison wieder mit einer langsamen Normalisierung der Lage. Grundsätzlich ist die Wechselbereitschaft der Strom- und Gaskunden in Österreich niedrig. Was sich gerade bei den Großhandelspreisen abspielt, berichtet Thomas Karall, Vorstand des Stromnetzbetreibers Austrian Power Grid APG. Lag der monatliche Strom-Durchschnittspreis im August 2020 bei 32,3 Euro je Megawattstunde, waren es heuer im August 82,8 Euro. Inzwischen ist er noch weiter gestiegen. Der reine Energiepreis macht auf der Stromrechnung eines Musterhaushaltes nur 35,7 Prozent aus, 39,2 Prozent entfallen auf Steuern und Abgaben sowie 25,2 Prozent auf Netzentgelte.

Zwei preistreibende Komponenten

Hinter den hohen Strompreisen stecken zwei preistreibende Komponenten: Für die Energiewirtschaft hat sich seit Jahresbeginn der CO2-Preis je Tonne verdoppelt und der Gaspreis hat sich im Jahresvergleich etwa verdreifacht. Eine bis in den Mai dauernde Heizperiode und der starke Aufschwung treffen auf veränderte Marktumstände wie geringere LNG-Flüssiggaslieferungen der USA nach Europa und nicht vollgepumpte Gasspeicher, weil die Versorger wegen des Preisniveaus im Sommer weniger bunkerten.

Wer noch mit Öl heizt, wird auch viel kräftiger zur Kasse gebeten. In Deutschland gehen Experten von Mehrkosten von mehr als 40 Prozent für einen Haushalt aus. Der Ölpreis hatte am Dienstag mit 80 Dollar je Barrel für die Sorte Brent ein Drei-Jahres-Hoch erreicht. Das Ölkartell Opec will samt erweitertem Mitgliederkreis die Produktion erhöhen.