In der Automobilwelt führt an AVL List kein Weg vorbei. Die Grazer sind der globale Feinkostladen der Branche, wenn es um die Entwicklung von Antriebssystemen, Simulation und Prüftechnik geht. Die Kundenliste umfasst nahezu alle Autobauer von Rang, auch die Asiaten setzen auf das Know-how der Steirer. Mit AVL Racing mischt AVL ebenso im Rennsport mit, als Dienstleister ist man nahezu in allen Rennserien tätig. Auch in der Formel 1, wo man das halbe Feld mit Prüfständen versorgt und selbst Weltmeisterteams unter die Arme greift, wenn einmal Sand im Getriebe steckt.

Jetzt haben die Grazer einen Auftrag an Land gezogen, der sie in die Poleposition der Königsklasse hievt: Red Bull Racing orderte bei AVL sechs Prüfstände für die Honda-Motoren, die nach dem Rückzug der Japaner von Red Bull und AlphaTauri mit Jahresende übernommen und ab 2022 vom Rennstall selbst eingesetzt werden. Dafür wurde zur Red Bull Technology die Red Bull Powertrains Limited gegründet, die ab Frühjahr nächsten Jahres am Standort Milton Keynes in Betrieb gehen wird und über 100 Mitarbeiter beschäftigen soll. Sportchef Helmut Marko: ,,Red Bull Powertrains sorgt für die Wartung, den Einsatz und die Optimierung der Motoren.“ Die Auftragssumme wurde weder von Red Bull noch von AVL genannt, man spricht von einem deutlich zweistelligen Millionenbetrag. Mit der Honda-Technologie und dem steirischen Know-how soll zumindest bis Ende 2024 gefahren werden.

Neue Motorsport-Direktorin für AVL

Für 2025 ist vom Internationalen Automobilverband (FIA) ein neues ökologisches Motorenreglement angekündigt, das vor allem wieder Automobilhersteller anlocken soll. Im Volkswagen-Konzern zum Beispiel wird bereits der Einstieg geprüft. Nicht auszuschließen, dass Red Bull und Audi doch noch zueinanderfinden, nachdem die Ingolstädter vor mehr als zehn Jahren nach langwierigen Verhandlungen abgesagt hatten. Red Bull könnte aber auch autark bleiben und mithilfe von AVL den neuen Hybrid-Motor selbst entwickeln. Wesentlich die Finger im Spiel hat AVL Racing ab sofort in der Deutschen Tourenwagenmeisterschaft (DTM). Die von Gerhard Berger geführte Dachorganisation ITR beauftragte die Grazer Simulationsexperten mit der Entwicklung der Hightech-Software ,,Balance of Performance“ (BoP), die für eine Reglementierung und Chancengleichheit unter den Bewerbern sorgen soll.

Mit der Deutschen Ellen Lohr (55) gibt es bei AVL übrigens eine neue Motorsport-Direktorin: Die in Monaco lebende ehemalige Mercedes-Werksfahrerin, die als bisher einzige Frau ein Rennen der DTM gewann (Hockenheim 1992), folgt dem Grazer Michael Resl nach, der im Vorjahr als Technikchef zu Gerhard Berger gewechselt ist.