Der Weg zurück wird lange und von vielen Rückschlägen geprägt sein“, so lautet der Tenor einer aktuellen Umfrage der steirischen Industriellenvereinigung. Eine spürbare Erholung „ist wohl frühestens zum Jahreswechsel in Sicht“. Entscheidend für die stark exportorientierten heimischen Industriebetriebe ist eine möglichst weitgehende Reisefreiheit. Man sei sich dessen bewusst, dass „die Öffnung der Grenzen ein sensibles Thema ist“, sagt Industrie-Präsident Georg Knill. Sein Appell: „Wir müssen aber zwischen touristischen und Geschäftsreisen unterscheiden. Geschäftsreisen sind die wesentliche Voraussetzung für das Funktionieren der Industrie und damit für die Absicherung von Arbeitsplätzen in der Steiermark.“

"Auslastung wird sich bei rund 80 Prozent einpendeln"

Laut der Umfrage geben die befragten Unternehmen an, dass sich die Zahl ihrer Mitarbeiter in Kurzarbeit um ein Viertel reduzieren werde, „wenn die Grenzen innerhalb Europas wieder geöffnet sind. Ungleich stärker wäre der Effekt einer Wiederherstellung einer globalen Reisemöglichkeit.“ Für fast acht von zehn Unternehmen „stellt die globale Marktentwicklung das derzeit größte Produktionshemmnis dar“. Knill prognostiziert, „dass sich viele Effekte erst in den nächsten Monaten negativ auswirken werden“. Derzeit würden zahlreiche Unternehmen noch Aufträge aus der Zeit vor der Coronakrise abarbeiten, „neue Projekte kommen aber kaum hinzu“. Das hänge auch mit den Reisebeschränkungen sowie den globalen wirtschaftlichen Verwerfungen zusammen, so Knill. „Die Auslastung wird sich über den Sommer reduzieren.“ IV-Geschäftsführer Gernot Pagger spricht von einer „sehr unterschiedlichen Situation in den Betrieben“. So geben 14 Prozent der Unternehmen an, nur zur Hälfte oder sogar weniger ausgelastet zu sein. Mehr als jeder vierte Betrieb (27 Prozent) führt indes an, die Planzahlen nahezu einhalten zu können. „Diese beiden Extrempole beginnen sich im weiteren Verlauf des Jahres anzunähern. Zu erwarten ist, dass sich die Auslastung bei rund 80 Prozent einpendeln wird.“

Von dieser zu erwartenden Unterauslastung von 20 Prozent leitet Knill die Forderung ab, dass eine Verlängerung der Corona-Kurzarbeit über den September hinaus unerlässlich sei. Hier brauche es eine rasche Weichenstellung, „damit wir auch entsprechend planen können“.

"Blick nach vorne essenziell"

„Bei allen Herausforderungen ist der Blick nach vorne und eine Strategie, wie wir aus der Krise kommen und uns vor allem unsere Stärken zunutze machen, essenziell“, so Knill. Sowohl für die Bewältigung der Arbeitsmarktkrise als auch für die Refinanzierung der enormen staatlichen Ausgaben zur Krisenbewältigung sei entsprechendes Wirtschaftswachstum nötig. „Das muss das primäre Ziel der Anstrengungen sein“, so Knill. Es gehe darum, Investitionen zu unterstützen, etwa durch weitere Freibeträge und Anschubfinanzierungen. Auch schnellere Abschreibemöglichkeiten könnten Anreize bieten. Eine Steuerentlastung für Mitarbeiter und Betriebe sei für ein „investitionsfreundliches Klima“ wichtiger denn je, so Knill. „Der Konsum fördert auch die Industrieproduktion, die ja für die Produkte und Komponenten des täglichen Bedarfs sorgt. Das ist ein Wechselspiel, das eine funktioniert nicht ohne das andere, wir brauchen diese positive Grundstimmung.“

Hohe Investitionen in den vergangenen Jahren

Dass die Politik Ökologisierung und Klimaschutz weiterhin vorantreiben will, „ist für viele steirische Technologiebereiche auch eine Chance“, so Knill. Das gelte auch für den durch die Coronakrise verstärkten Digitalisierungsschub, diesen müsse man nachhaltig nutzen.
Ein Standortproblem ortet die Industrie bei der Bürokratie. „Derzeit sieht jedes sechste Unternehmen in behördlichen Auflagen und verzögerten Verfahren einen Hinderungsgrund für das Wiederhochfahren der Wirtschaft.“ Für einen Lichtblick sorgt indes der Umstand, dass steirische Industrieunternehmen in den letzten vier Jahren Bruttoanlageinvestitionen in der Höhe von 13,8 Milliarden Euro getätigt haben. „Diese Investitionen stärken unseren Standort und bringen einen wesentlichen Startvorteil für die Zeit während und nach Corona.“ Man wolle die Zukunft mit neuen Technologien aktiv gestalten. „Wir haben in der Steiermark jedenfalls noch viel vor“, so Knill.