Die erste Verhandlungsrunde für einen neuen Kollektivvertrag in der Metalltechnischen Industrie ist am frühen Montagabend ohne Ergebnis zu Ende gegangen. Am heutigen Dienstag folgt bereits die zweite Runde - um 10.30 Uhr in der Wirtschaftskammer Wien.

Eines hatte die Gewerkschaft jedenfalls schon vor Beginn der Verhandlungen erreicht: Sie hatte die Arbeitgeber gezwungen, die für ganz Österreich richtungsweisenden Gespräche wieder in Wien über die Bühne gehen zu lassen. Wie immer.

Die Höhle der Löwen

Für Rainer Wimmer, Chef der Gewerkschaft PRO-GE, ist das jährliche Ritual in der Wirtschaftskammer – sozusagen in der Höhle der Löwen – schließlich essenziell. Wann, wenn nicht im Zuge des größten Tauziehens zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern, das es in Österreich gibt, hat die Gewerkschaft eine so große öffentliche Plattform.

Die voraussichtlich vier Treffen bis zum 16. Oktober nach Vorarlberg in das Unternehmen des Arbeitgeberverhandlers Johannes Collini (Oberflächentechnik) zu verlegen, war einigermaßen verwegen. Die Metaller rücken traditionell mit Dutzenden Funktionären in der Bundeshauptstadt an und verhandeln parallel oft auch andere Kollektivverträge.

100 Euro brutto

So trat Wimmer wie immer vor die Mikrofone und Kameras, um die mit Spannung erwartete Zahl zur Diskussion freizugeben. Für wen die 4,5 Prozent-Forderung zu abstrakt ist, für den formuliert er eine andere Mindestforderung: Jeder soll hundert Euro mehr brutto auf dem Gehaltszettel haben.

„Es wäre interessant, die Zweitausender-Marke zu kippen,“ also Wimmer zufolge den Mindestlohn in der Metalltechnischen Industrie von 1.914 Euro um fast 90 Euro anzuheben. Wimmer: „Es gibt wirtschaftlich gute Voraussetzungen.“ Angesprochen auf die erste Reaktion der Gegenseite, sagt er: „Da haben einige durchgeschnauft.“

Zehn Minuten später ist Christian Knill am Wort. Der steirische Unternehmer hält sich mit Emotionen zurück, die 4,5 Prozent seien aber schlicht „realitätsfremd.“ Die Forderung sei „viel zu hoch“, so der Präsident des Fachverbandes. „Voraussetzungen für leichte Verhandlungen sind damit nicht gegeben.“ Sätze wie diese sind jedenfalls kein bisschen Ritual-fremd.

Stotternde deutsche Industrie

Dass die Gewerkschaft von der bis zum Sommer noch sehr gut laufenden Konjunktur eine „Ernte“ sehen will, wie sie vergangene Woche proklamierte, lässt Knill noch einmal zurückblicken. „Der Abschluss vom Vorjahr von 3,46 Prozent war sehr, sehr hoch, meines Betrachtens nach sogar zu hoch,“ befindet er. „Die Vorzeichen für die Verhandlungen sind deutlich schlechter als im Vorjahr,“ verweist er auf die schlechtere Konjunktur und hohe Abhängigkeit vieler Betriebe von der stotternden deutschen Industrie.

Was die Gewerkschaft noch fordert

Beide Seiten müssen sich nun erst einmal darauf einigen, welche Inflationsrate als Verhandlungsbasis herangezogen wird, wobei 1,8 Prozent als eher unumstritten gelten. Neu ist, dass nicht nur am gleichen Nachmittag erste Gespräche stattfinden, sondern es am heutigen Dienstag gleich weitergeht.

Neben den Gehaltsforderungen für die 130.000 Beschäftigten sind auch rahmenrechtliche Veränderungen am Tapet. Hier fordert Karl Dürtscher, Bundesgeschäftsführer der Gewerkschaft der Privatangestellten, einmal mehr leichteren Zugang zur sechsten Urlaubswoche und die Vier-Tage-Woche. Neu ist der Wunsch, etwa Jubiläumsgelder nach langer Betriebszugehörigkeit auch in Freizeit umwandeln zu können.