Zwei Hubschrauber am anderen Ende der Halle, dazwischen 30 Friseure und in direkter Nachbarschaft die Berufskollegen aus Südafrika, Japan und Hongkong. Schiere Größe, bemerkenswerte Fertigkeiten und beeindruckende Vielfalt, das sind jene drei Konstanten, die nicht nur die Umgebung von Alexander Kappler und Leo Moser prägen. Sie sind hier bei der Berufsweltmeisterschaft, den WorldSkills in Kasan, allgegenwärtig. Die beiden Oststeirer matchen sich im Hightech-Feld der „Mobile Robotics“, die in einer Halle mit den kreativen Haarstylisten und den Luftfahrttechnikern in einer Halle vertreten sind, mit den besten Altersgenossen der Welt um Medaillen.

"Sprengt alle Grenzen"

Sie sind Teil des mit 46 Teilnehmern bis dato größten Teams, das Österreich je bei einer Berufs-WM gestellt hat. Das ist durchaus stimmig. Denn daran, dass auch die Veranstalter hier in Kazan richtig hoch hinauswollen, werden keine Zweifel gelassen. Bereits im Vorjahr wurde die offizielle „WorldSkills-Fahne“ mit einer russischen Sojus-Rakete in die Internationale Raumstation befördert. Es war so etwas wie die Ouvertüre für eine Veranstaltung der Superlative: Die Berufs-WM in Kasan stellt in Sachen Größe, Teilnehmerzahl und Aufwand alles bisher Dagewesene in den Schatten. Wie berichtet treten 1400 junge Facharbeiter aus fast 70 Ländern in 56 Berufen gegeneinander an. Ein dreifacher Rekord.

Auch die laut Veranstalter knapp 25.000 Blumen, die für die Bewerbe der Floristen zum Einsatz kommen, die 24.800 Ziegel für die Maurer, die 1944 Gläser für Gastronomie-Berufe – und nicht zuletzt die 35 Kilometer an verlegten Kabeln legen ebenfalls Zeugnis davon ab, mit welchen logistischen Herausforderungen eine Berufs-WM mittlerweile verbunden ist.

„Wahnsinn, das sprengt alle Grenzen, das ist einfach gigantisch hier“, entfährt es ob dieser Dimensionen auch Michael Tobisch. Und der Steirer hat als Maler-Weltmeister von 2007 und vielfacher Erfolgstrainer bei Welt- und Europameisterschaften schon viel gesehen und erlebt. In Kasan fungiert er im Bewerb der Maler erstmals als Chefexperte aller Nationen.

"Starkes Signal"

Als starkes Signal und Beweis für die hohe Qualität der betrieblichen Ausbildung im Land werten auch Wirtschaftskammerpräsident Josef Herk und Vizepräsident Andreas Herz den Umstand, dass 13 Teilnehmer aus der Steiermark kommen. Die Bandbreite ist beachtlich, reicht von Maurer Marc Berndorfer über den Fliesenleger Florian Franz Scheucher, den Stuckateur Dorian Graf, die Floristin Julia Leitgeb, Johannes Kalß (Metallbau), Michaela Ehgartner (Restaurantservice), Alexander Krutzler (Betonbau), Laura Tschiltsch (Modetechnologie), Stefan Prader (Elektrotechnik), Julian Fink (Bautischler) bis hin zu Schweißer Lukas Stiegelbauer.

Putin kommt zur Schlussfeier

Vielen von ihnen stehen ganze Fan-Abordnungen aus der Heimat zur Seite, wie sich vor allem am Ende der vier Wettkampftage zeigt. Mit Gesängen, Fahnen und viel Emotion werden sie in den letzten Minuten angefeuert. Das sorgt für entsprechende Atmosphäre auf dem Wettkampfgelände – auf dem sich bei der WM laut Veranstalter 250.000 Besucher tummelten. Wer die begehrten Medaillen schließlich in Händen halten und in der Arena von Kasan bejubelt wird, entscheidet sich bei der großen Schlussfeier in der Nacht auf Mittwoch - an der, so teilte es der Kreml am Dienstag am Abend mit, auch Russlands Präsident Wladimir Putin teilnehmen wird. 

"Das größte Herz für das Thema der Berufsausbildung"

Was für das Spektakel in Kasan den Schlusspunkt bedeutet, ist für Graz gewissermaßen ein Auftakt. Der Countdown läuft – im September 2020 gehen in der steirischen Landeshauptstadt mit den EuroSkills die nächsten großen internationalen Berufsmeisterschaften über die Bühne. Die Vorarbeiten in der eigens gegründeten EuroSkills2020-Gesellschaft unter der Leitung von Angelika Ledineg und Harald del Negro laufen freilich bereits seit dem Zuschlag im April 2016. „Wir sind jetzt in der Intensivphase der Vorbereitung“, wird betont. Im Hinblick auf die Gigantomanie von Kazan hält Herk fest: „Wir haben in Graz keine größeren Hallen oder breiteren Straßen, aber wir haben in Österreich das größte Herz für das Thema der Berufsausbildung.“ Das Budget für Graz liegt bei etwa elf Millionen Euro.

Euroskills2020-Geschäftsführer Angelika Ledineg und Harald del Negro
Euroskills2020-Geschäftsführer Angelika Ledineg und Harald del Negro © Marija Kanizaj

600 Teilnehmer aus 30 Nationen werden in 43 Berufen antreten, so Ledineg und del Negro. Bis zu 100.000 Besucher werden im Messecenter erwartet, bereits jetzt wurden als Kontingent 27 Hotels mit 2600 Betten für die Teams aus 30 Ländern fixiert.