Das CETA-Handelsabkommen zwischen der EU und Kanada ist mit EU-Recht vereinbar. Zu diesem Schluss kommt der Europäische Gerichtshof (EuGH) in einem am Dienstag veröffentlichten Gutachten. Belgien hatte den EU-Gerichtshof um Klärung ersucht, insbesondere zu dem in dem Abkommen enthaltenen Mechanismus zur Beilegung von Investor-Staat-Streitigkeiten (ISDS), den viel kritisierten Schiedsgerichten.

Das Abkommen sieht die Errichtung eines Gerichts und einer Rechtsbehelfsinstanz sowie auf längere Sicht eines multilateralen Investitionsgerichtshofs vor. Es ist geplant, ein Investitionsgerichtssystem (Investment Court System, ICS) zu schaffen. CETA war im September 2017 vorläufig in Kraft getreten. Damit fallen Zölle auf 98 Prozent aller Produktgruppen weg, die zwischen der EU und Kanada gehandelt werden. Belgien hatte das Abkommen wegen des Widerstands aus der Region Wallonie anfänglich nicht mitgetragen, dann aber doch unterzeichnet und ein Gutachten vom EuGH verlangt.

In Österreich hatten sich rund 560.000 Bürger in einem Volksbegehren gegen das Abkommen ausgesprochen, das von der ÖVP-FPÖ-Bundesregierung unterstützt wird.

Van der Bellen unterschreibt

"Der EuGH hat nun entschieden, dass sie mit EU-Recht vereinbar sind. Daher werde ich CETA unterschreiben", teilte Bundespräsident Alexander Van der Bellen mit. Nach eingehender Prüfung in der Präsidentschaftskanzlei hatte es Zweifel gegeben, ob die Schiedsgerichte mit EU-Recht konformgehen. Deshalb wollte Van der Bellen das EuGH-Gutachten abwarten.

Die EU-Richter gelangten zu dem Schluss, dass CETA den vorgesehenen Gerichten nicht die Zuständigkeit überträgt, andere Vorschriften des EU-Rechts als die des Abkommens auszulegen oder anzuwenden. Die ausschließliche Zuständigkeit des EU-Gerichtshofs für die Entscheidung über die Verteilung der Zuständigkeiten zwischen der Union und ihren Mitgliedstaaten sei somit gewahrt.

Eingeschränkte Rechte

CETA enthalte Vorschriften, nach denen das CETA-Gericht und die CETA-Rechtsbehelfsinstanz nicht die Befugnis haben, bestimmte Entscheidungen infrage zu stellen, insbesondere in den Bereichen der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung sowie des Schutzes der öffentlichen Sicherheit, der öffentlichen Moral, des Lebens und der Gesundheit von Menschen und Tieren, der Lebensmittelsicherheit, der Pflanzen, der Umwelt, der Arbeitssicherheit, der Produktsicherheit, des Verbraucherschutzes oder des Schutzes der Grundrechte.

Mit dem Abkommen erhielten kanadischen Investoren, die in der EU tätig werden, eine spezielle Klagsmöglichkeit. Ihre Situation sei aber nicht mit der von Investoren aus EU-Staaten vergleichbar. Die EU sei außerdem hinsichtlich der Zugänglichkeit der vorgesehenen Gerichte für kleine und mittlere Unternehmen Verpflichtungen eingegangenen. Zudem seien in dem Abkommen ausreichende Garantien für die Unabhängigkeit der Mitglieder der in dem Abkommen vorgesehenen Gerichte vorgesehen.

Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck (ÖVP) begrüßte den EuGH-Entscheid. "Gerade für eine exportorientierte Marktwirtschaft wie Österreich sind faire Handelspartnerschaften wichtig, weil sie Arbeitsplätze und Wachstum sichern. Kanada ist unser sechstwichtigster Absatzmarkt in Übersee und unsere Unternehmen spüren schon jetzt einen Zuwachs der Exporte durch die Anwendung von CETA", sagte sie laut Aussendung. Freude übers grüne Licht herrschte am Dienstag auch bei den NEOS und bei der Industriellenvereinigung (IV).

Positive Entwicklung

Der Warenverkehr zwischen Österreich und Kanada entwickelte sich laut Wirtschaftsministerium in den vergangenen zehn Jahren insgesamt positiv. Das Export- und Importvolumen von Waren zwischen Österreich und Kanada belief sich im Jahr 2018 auf insgesamt rund 1,6 Milliarden Euro, was einen Anstieg um 1,9 Prozent gegenüber 2017 bedeutet. Der Export österreichischer Produkte nach Kanada ist 2018 um 7,5 Prozent gestiegen auf 1,3 Milliarden Euro. Die fünf wichtigsten Warengruppen bei den Exporten sind Kraftmaschinen, Straßenfahrzeuge, Arbeitsmaschinen, Metallwaren und andere Transportmittel. Bei den Importen sind es Flugzeuge, Nichteisen-Metalle, Erze und Metallabfall, Kraftmaschinen, Mess-, Prüf- und Kontrollgeräte. Bei Dienstleistungen belief sich das Volumen auf rund 474 Mio. Euro, was einen Anstieg um 4,6 Prozent gegenüber 2017 bedeutet. Der Bestand österreichischer Investitionen in Kanada belief sich 2018 auf rund 736 Mio. Euro. Investitionen aus Kanada in Österreich kamen im selben Jahr auf rund 4,41 Milliarden Euro, teilte das Wirtschaftsministerium mit.

Kritik an der EuGH-Entscheidung übte neben Greenpeace auch die globalisierungskritische Organisation Attac Österreich: "Nicht alles, was legal ist, ist auch legitim. Für uns ist klar, dass Sonderklagerechte für Konzerne nicht kompatibel mit der Demokratie, dem Klimaschutz sowie Sozial- und Arbeitsrechten sind. Sie höhlen zudem den Rechtsstaat aus", erklärte Attac. Die Organisation will den politischen Kampf gegen Sonderklagerechte für Konzerne fortsetzen. Kritische Töne kamen zudem von den alternativen Bauern der ÖBV-Via Campesina Austria und der Gewerkschaft younion.