Die Europäische Kommission zieht Preisuntergrenzen für chinesische E-Autos als Alternative zu Zöllen in Betracht. „In den vergangenen Wochen hatten wir erste positive Anzeichen für Preiszusagen bei batterieelektrischen Fahrzeugen“, sagte ein Kommissionssprecher am Montag.
In der EU gelten für E-Autos aus China Strafzölle von bis zu 35 Prozent, zusätzlich zum allgemeinen Importzoll von 10 Prozent. Der Zoll gilt nicht nur für chinesische, sondern auch für deutsche Marken, die in China produzieren.
Die Diskussionen um Autos aus chinesischer Produktion nehmen damit neue Fahrt auf: EU-Industriekommissar Stéphane Séjourné forderte schon im November einen Schutz der europäischen Autoindustrie vor der Konkurrenz aus China. „Wir dürfen nicht so naiv sein und müssen zu den Standards aller großen Volkswirtschaften der Erde aufschließen“, sagte Séjourné der italienischen Zeitung „La Stampa“. „Wir sind der einzige Kontinent, dem strategisches Denken bei der Industriepolitik fehlt.“
Sollte nichts unternommen werden, drohe die Fahrzeugproduktion in der EU binnen zehn Jahren von 13 Millionen Autos jährlich auf neun Millionen Autos zu sinken. Bereits heute sind die Produktionszahlen in Europa um drei Millionen niedriger als vor Corona.
Die neu aufgeflammten Diskussionen sind auch im Zusammenhang mit den Maßnahmen der chinesischen Regierung zu sehen, die EU-Importe immer öfter mit neuen, höheren Zöllen überzieht. Die EU wird deshalb wohl einen Kompromiss suchen - und die China-Autos mit neuen Vereinbarungen nicht verteuern.
China-Autos: Verbrennungsmotor dominiert
Während der Westen den Vormarsch chinesischer Elektroautos fürchtet und mit Zöllen reagiert, überschwemmt die Volksrepublik die Welt aber mit Benzin- und Dieselfahrzeugen. Einer Untersuchung der Nachrichtenagentur Reuters zufolge machten Autos mit Verbrennungsmotoren seit 2020 rund 76 Prozent der chinesischen Autoexporte aus. Die Gesamtausfuhren des Landes sprangen in diesem Zeitraum von einer Million auf voraussichtlich mehr als 6,5 Millionen Fahrzeuge in diesem Jahr.
Der Exportboom bei Verbrennern wird von denselben Subventionen und politischen Maßnahmen angetrieben, die das Chinageschäft von Autobauern wie Volkswagen und General Motors durch einen brutalen Preiskampf bei E-Autos einbrechen ließen. Und jetzt setzen die chinesischen Hersteller dazu an, auch den europäischen Markt mit
Grund für die Exportwelle der China-Autos
Grund für die Exportwelle ist gewaltige Überkapazität in China
Der Grund für die Exportwelle ist eine gewaltige Überkapazität in China. Die staatlich geförderte und rasante Umstellung auf Elektromobilität hat im Inland den Markt für Verbrenner zusammenbrechen lassen. Analysten schätzen, dass dadurch Fabriken mit einer jährlichen Kapazität von bis zu 20 Millionen Benzinern brachliegen. Pekings Industriepolitik förderte den Bau neuer E-Auto-Werke, anstatt bestehende Verbrenner-Fabriken umzurüsten. Der ehemalige Vize-Industrieminister Su Bo warnte im März vor einer „existenziellen Überlebenskrise“ des Sektors. Diese ungenutzten Kapazitäten würden nun „auf den Rest der Welt gerichtet“, sagt Bill Russo von der Beratungsfirma Automobility.
Dabei sind es vor allem staatliche Konzerne wie SAIC, BAIC, Dongfeng und Changan, die den Export von Verbrennern vorantreiben - genau jene Unternehmen, die jahrzehntelang von Joint Ventures mit ausländischen Herstellern wie VW, GM oder Nissan profitierten und sich deren Technologie aneigneten. Während die Verkäufe dieser Gemeinschaftsunternehmen in China einbrechen, erobern die chinesischen Staatskonzerne nun mit eigenen Marken die Exportmärkte - oft zulasten ihrer einstigen Partner. „Die Tatsache, dass wir in Staatsbesitz sind, ist der Schlüssel“, sagt Jelte Vernooij, Europamanager von Dongfeng. „Es steht außer Frage, dass wir überleben werden.“