Muskelspiele, Machtkampf, Showdown – seit Monaten dominiert dieses Vokabular die geldpolitische Debatte in den USA. Donald Trump drängt seit seiner neuerlichen Amtsübernahme auf Zinssenkungen. Doch die unabhängige US-Notenbank Federal Reserve (Fed) spielt nicht mit. Während die Zinsen in der Euro-Zone seit Juni des Vorjahres achtmal gesenkt wurden, verharren die US-Zinsen in der Spanne von 4.25 bis 4.5 Prozent, die bislang letzte Senkung gab‘s im September 2024.
Erst dieser Tage signalisierte Fed-Chef Jerome Powell, dass im September die Tür für einen Zinsschritt nach unten wohl etwas aufgegangen sei. Die Ausgangslage hat eine ironische Note: Die Europäische Zentralbank reagierte mit den Senkungen, die Trump für die USA so inbrünstig einfordert, zuletzt auch auf die Konjunkturunsicherheiten, die durch seine US-Zollpolitik ausgelöst wurden. Diese Zollpolitik wiederum verhindert aus Sicht der Fed Zinssenkungen in Amerika, weil mit ihr die Gefahr steigender Inflation einhergeht. Die Fed hat – im Unterschied zur EZB – zwei Mandate zu erfüllen: Neben der Preisstabilität ist in den USA auch maximale Beschäftigung als Aufgabe festgeschrieben.
„Hohlkopf“, „Versager“
Die Fronten zwischen dem Weißen Haus und der Zentralbank-Spitze sind und bleiben jedenfalls verhärtet. Trump hatte Powell wiederholt verbal tief unter der Gürtellinie attackiert, ihn u. a. als „Hohlkopf“ und „Versager“ diffamiert. An Powell perlt das ab. Sein Mandat an der Spitze der Notenbank gilt bis 15. Mai 2026 und er will es erfüllen. Die Sorgen rund um die Unabhängigkeit der Notenbank nehmen trotz Powells Widerstandskraft zu.
Anfang August war Fed-Direktorin Adriana Kugler vorzeitig zurückgetreten, was Trump mit den Worten, das mache ihn „sehr glücklich“ quittierte. Interimistisch wurde mit Stephen Miran Trumps eigener Wirtschaftsberater in die Fed entsandt.
Jetzt spitzt sich die Lage abermals zu. Denn Trump kündigte an, Fed-Gouverneurin Lisa Cook mit sofortiger Wirkung aus ihrem Amt zu entlassen. Hintergrund sollen falsche Angaben zu ihrem Hauptwohnsitz sein, die sie bei einem oder mehreren Hypothekenverträgen gemacht haben soll. Cook wehrt sich, will kämpfen, ihr Mandat läuft an sich noch bis zum Jahr 2038 (!).
Die Befürchtung: Trump will die Entscheidungsträger in der Fed nach und nach mit Getreuen besetzen, die sich dann seinen Anordnungen nicht mehr widersetzen. Politische Eingriffe in die Geldpolitik von Notenbanken gelten als brandgefährlich.
„Die Eskalation zwischen Trump und der Fed lässt ein Szenario an Wahrscheinlichkeit gewinnen, in dem die Fed zunehmend politisch dominiert wird“, schreiben beispielsweise die Analysten der Dekabank. An den Finanzmärkten kommt die neuerliche Eskalation rund um die Fed gar nicht gut an. An den Aktienmärkten kam es zu teils kräftigen Kursverlusten.
Holzmann: Trump-Angriff „absolut unzulässig“
Sorgenvoll werden diese Entwicklungen auch in Europa beobachtet. Österreichs – mit Monatsende scheidender – Nationalbank-Gouverneur und EZB-Ratsmitglied Robert Holzmann bezeichnete Trumps Angriffe auf die US-Notenbank vor Kurzem im Interview als „absolut unzulässig und auch verstörend“. Die Unabhängigkeit der Notenbank sei „eine der wesentlichen Grundlagen für den wirtschaftlichen Erfolg eines Landes“.
Auch EZB-Präsidentin Christine Lagarde warnte erst dieser Tage im US-Sender Fox News: „Wenn eine Zentralbank ihre Unabhängigkeit verliert oder wenn ihre Unabhängigkeit bedroht ist, dann wird sie dysfunktional. Sie fängt an, Dinge zu tun, die sie nicht tun sollte.“ In der Folge entstehe „Instabilität, wenn nicht sogar Schlimmeres“.