Der kriselnde Chipkonzern Intel gibt die milliardenschweren Pläne für eine Fabrik in Magdeburg auf. Geplante Projekte in Deutschland und Polen sollen nicht weiter vorangetrieben werden, um die Produktionskapazitäten zu optimieren, wie Intel mitteilte. Bisher hatte das Unternehmen stets gesagt, das Projekt verschiebe sich um zwei Jahre. Konzernchef Lip-Bu Tan will im Rahmen eines verschärften Sanierungskurses außerdem ein Viertel der knapp 100.000 Stellen streichen.
Tiefrote Zahlen
Ein Großteil der Kündigungen sei bereits Anfang Juli ausgesprochen worden. Die übrigen Jobs würden durch natürliche Fluktuation und „andere Maßnahmen“ abgebaut. Wegen hoher Kosten für den Konzernumbau machte Intel den Angaben zufolge zuletzt Milliardenverluste.
In der Dauerkrise
Intel befindet sich nach einer Serie von Fehlentscheidungen in der Dauerkrise. Das Unternehmen aus dem Silicon Valley, dessen Slogan „Intel Inside“ für hohe Qualität stand, hat den KI-Trend verschlafen und vor allem bei ertragsstarken Hochleistungsprozessoren für Server keine konkurrenzfähigen Produkte im Angebot. Gleichzeitig schwächelt das Geschäft mit klassischen Chips. Ein weiterer Belastungsfaktor ist die aktuelle US-Zollpolitik. Zwar sind Halbleiter von den Abgaben bisher ausgenommen. Wegen der unsicheren Aussichten für die Konjunktur zögern Verbraucher und Unternehmen aber Käufe hinaus.
Intel, 1968 gegründet, erlebte einen tiefen Fall: Explodierende Computerverkäufe während der Internetblase im Jahr 2000 hieven Intels Börsenwert auf ein Rekordhoch von 495 Milliarden Dollar. Bis zum Frühjahr 2025 schrumpft er wieder auf etwa 84 Milliarden Dollar (rund 71 Milliarden Euro) zusammen. Nach einer Serie von Fehlentscheidungen und verpassten Chancen schreibt der einst weltgrößte Chip-Hersteller tiefrote Zahlen und ist zu einem Übernahmekandidaten geworden
„Rückschlag für den Standort“
Die deutsche Gewerkschaft IG Metall wertet das Aus für die geplante Intel-Fabrik als „Rückschlag“ für den Standort. „Die Herausforderung besteht nun darin, das entstandene Vakuum nicht einfach hinzunehmen, sondern neue Perspektiven zu entwickeln“, sagte der Bezirksleiter der IG Metall Niedersachsen und Sachsen-Anhalt, Thorsten Gröger.
„Nicht wettbewerbsfähig“
Ökonomen begrüßen den Intel-Verzicht auf den milliardenschwer subventionierten Bau eines Chip-Werks hingegen. „Intel ist im Mikrochipmarkt derzeit nicht wettbewerbsfähig und muss nun umstrukturieren“, sagte die Leiterin des Forschungsbereichs „Digitale Ökonomie“ am Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW), Irene Bertschek. „Daher kommt die Absage noch zur rechten Zeit. Schlimmer wäre es gewesen, die 10 Mrd. Euro wären schon ausgezahlt worden.“
Staat soll sich auf Rahmenbedingungen konzentrieren
Ähnlich wird das am Kieler Institut für Weltwirtschaft (IfW) gesehen. „Der Staat sollte sich auf die allgemeinen Rahmenbedingungen konzentrieren und es den Marktprozessen überlassen, welche Wirtschaftsstrukturen sich herausbilden“, sagte der Direktor des IfW-Forschungszentrums Konjunktur und Wachstum, Stefan Kooths, der Nachrichtenagentur Reuters. „Der umgekehrte Weg, Strukturziele politisch vorzugeben und diese dann über Subventionen und Vorschriften herbeizuregulieren, führt in die Sackgasse.“
Interventionistische Industriepolitik koste nicht nur viel Steuergeld, sondern auch Wachstum, weil die Ressourcen in Bereiche gelenkt würden, die im Wettbewerb nicht tragfähig seien.