Warum tut sich ein Mann, der sehr, sehr viel erreicht hat in seinem Leben und 77 Jahre alt ist, das an? Erhard Grossnigg steht jetzt ganz oben auf der Kommandobrücke der beiden wichtigsten Signa-Gesellschaften und wird sie wohl in die Insolvenz schicken. Mit der Aussicht auf turbulente Weihnachten. Die einfachste Antwort auf die Frage lautet: Weil er es wohl kann. Den Ruf als Paradesanierer hat er sich der gebürtige Linzer hart erarbeitet. Wenn sich der Finanzierungsexperte blitzschnell einen Überblick über wichtigste Zahlen verschafft, lässt er sich kein „x“ für ein „u“ vormachen. Zudem übernimmt er sofort jede „message control“ nach außen. Wer ihm dabei als Verhinderer auffällt, fliegt üblicherweise ebenso blitzschnell raus. Als ein mutmaßlicher Profiteur des alten Systems Benko musste am Montag Vorstand Timo Herzberg gehen. Grossnigg lässt keinen Zweifel aufkommen, wer jetzt der Boss in der Signa Prime und Signa Development ist.

Unternehmer aus Leidenschaft

Der Feuerwehr-Einsatz in der Signa hat natürlich auch den Hintergrund, dass Bau-Tycoon Hans Peter Haselsteiner bei Benko hoch investiert ist. Haselsteiner ist seit Jahrzehnten in enger Freund Grossniggs, wie auch andere Top-Manager, die zum Signa-Beraterkreis gehören - mit Ex-Kanzler Alfred Gusenbauer an der Spitze. Neben der faktischen Schadensbegrenzung kann Grossnigg vielleicht auch zur Ehrenrettung beitragen. Von einer Art Ruhestand war Grossnigg ohnedies meilenweit entfernt, dazu ist seine durch Sanierungen aufgebaute Firmensammlung zu groß, dazu ist er zu sehr Unternehmer aus Leidenschaft. Ausgebildet an der früheren Hochschule für Welthandel in Wien und mit einigen Jahren Berufserfahrung bei der Chase Manhattan Bank im Gepäck begann er bereits 1979 mit Restrukturierungen. Wenn er heute aus der Position des Kunstsinnigen Millionärs sagt: „Man muss der Gesellschaft auch immer etwas zurückgeben,“ dann lässt sich am ehesten am Kauf der Porzellanmanufaktur Augarten 2003 ablesen, was er damit meint. Kulturgut zu erhalten und auf ein tragfähiges Geschäftsmodell zu transformieren ist hier am offensichtlichsten. Der Aspekt des Werte-Rettens, der trifft im Grunde auf jeden Sanierungs-Versuch Grossniggs zu.