Die Oesterreichische Nationalbank (OeNB) sieht Anzeichen für einen Anstieg der Kreditausfälle im Immobiliensektor. Im Bereich der Gewerbeimmobilien sei die Quote der Non Performing Loans (NPL) zum Halbjahr wieder auf 3,1 Prozent angestiegen, sagte OeNB-Direktor Markus Schwaiger am Donnerstag. Davor sei sie auf einem Minimum von 2,5 Prozent gelegen. Aber auch im Bereich der privaten Wohnkreditvergabe gebe es nach Jahren der sinkenden Quoten nun wieder leichte Anstiege.

Das seit dem vergangenen Jahr sehr rasch gestiegene Zinsniveau habe seine positiven Auswirkungen zwar sofort in den Bankbilanzen gezeigt, die negativen Auswirkungen würden jedoch erst mit Verzögerung schlagend. Diese Negativeffekte seien höhere Refinanzierungskosten, ein schwächeres Kreditwachstum und der Umstand, dass höhere Zinsen Druck auf Unternehmen und Private ausüben und dadurch die Kreditausfälle zunehmen würden, so Schwaiger.

„Bringt natürlich den einen oder anderen in Probleme“

Im Immobiliensektor, insbesondere im heterogenen und zinssensitiven Bereich der Gewerbeimmobilien, zeige der Trend bei den Ausfällen bereits nach oben. Für das zweite Halbjahr sei „keine Besserung zu erwarten“, so Schwaiger. In der Branche seien immer mehr niedrig verzinste Kredite zu nun schlechteren Konditionen zu refinanzieren. „Das bringt natürlich den einen oder anderen in Probleme“, so Schwaiger. Generell hielten sich die Volumina aber noch „sehr im Rahmen“ und das Ausgangsniveau der Ausfälle sei niedrig.

Zunehmende Ausfälle gebe es aber auch im Wohnimmobilienbereich. Dort habe es über viele Jahre hinweg nur sinkende Ausfallquoten gegeben, nun werde wieder ein leichter Anstieg sichtbar. „Wir haben zusätzliche Ausfälle gehabt in einer Größenordnung von ungefähr 100 Millionen Euro“, sagte der OeNB-Direktor.

Bei den Wohnkrediten sei zudem das Neuvergabevolumen deutlich zurückgegangen. Auch der Zinssatz für Kredite habe sich reduziert, da fix verzinste Kredite derzeit günstiger seien als variabel verzinste Kredite. Nach wie vor würden viele Kredite mit einem variablen Zinssatz vergeben. „Jeder zweite neu vergebene Kredit ist variabel verzinst, in der Eurozone sind es nur 20 Prozent“, so Schwaiger.

Nichtsdestotrotz hätten sich die Vergabestandards bei Wohnkrediten aber stark verbessert. Bemerkenswert sei auch, dass die Banken die Ausnahmekontingente, die in der Verordnung festgelegt seien, bei weitem nicht ausnützen würden. Im ersten Halbjahr 2023 hätten 50 Prozent der Banken weniger als die Hälfte der Ausnahmekontingente ausgenutzt.
Für Vize-Gouverneur Gottfried Haber ist dies ein Hinweis darauf, dass die umstrittene Kreditinstitute-Immobilienfinanzierungsmaßnahmen-Verordnung (KIM-VO), für die nach wie vor in der Branche Lockerungen gefordert werden, nicht dazu führe, dass im Sektor weniger Potenzial für die Kreditvergabe zur Verfügung stehe. Der Rückgang beim Kreditwachstum sei zinsgetrieben und komme nicht von der im Vorjahr beschlossenen Verordnung.

„Besonders vorausschauend und konservativ zu planen“

Die OeNB mahnt die Banken im derzeitigen Umfeld jedenfalls dazu, bei Immobilienbewertungen und bei der Bildung von Risikovorsorgen für den Bereich besonders vorausschauend und konservativ zu planen. Auch im Bezug auf die Zinserwartungen rief Haber zur Vorsicht auf. Die optimistische Erwartung einer Zinsreduktion seit nicht zur Gänze im Einklang mit den Signalen aus der Europäischen Zentralbank (EZB). In unsicheren Zeiten müsse man jedoch mit Erwartungen sehr vorsichtig sein.
Speziell zur Signa sagte Haber, dass mögliche Insolvenzen innerhalb der Unternehmensgruppe „keinen signifikanten Einfluss auf die Finanzmarktstabilität oder auf einzelne Institute“ habe. Vergangene Woche sagte bereits OeNB-Gouverneur Robert Holzmann, er halte das Exposure der österreichischen Banken bei der kriselnden Signa-Gruppe für „verdaubar“.