„Wir wollten etwas tun, damit Gleisdorf attraktiver wird“, sagt Helga Plautz. Die Gründerin der Buchhandlung am Sparkassenplatz in Gleisdorf baute gemeinsam mit Wolfgang Pilz (Intersport), Alois Baumgartner (Kindermode und Lederwaren) und Degenhart Brunschko (Elektrofachmarkt Bünte) vor 50 Jahren eine Werbegemeinschaft auf.
Zweimal jährlich erschien in Gleisdorf ein Verkaufskatalog. Das sollte nicht reichen: „Wolfi Pilz hatte begriffen, man muss den Leuten etwas bieten“, erzählt Plautz.
„Es ist kein Zufall, dass die Gründung der Werbegemeinschaft Tip in das Jahr 1975 fällt. Es war die Zeit, in der zunehmend große Handelsketten den Gleisdorfer Geschäftsleuten Konkurrenz zu machen begannen“, schrieb Gleisdorfs Stadthistoriker Siegbert Rosenberger in seinem Buch „Sieben bewegte Jahrzehnte“.
Mit Ständen und Programm lockte man Besucherinnen und Besucher in die Innenstadt zum Tip-Kirta (heuer am 26. und 27. Juli). „Wir haben Vereine eingebunden, es gab Autoschauen, einen Schaufensterwettbewerb und Programm für Kinder“, erzählt Plautz.
Nicht nur die Wirtschaft sollte gestärkt werden: „Es kam ein Gemeinschaftsgefühl auf. Und das braucht es, um wirtschaftlich weiterzukommen“, ist sich Plautz sicher, „wir erkannten, dass wir keine Konkurrenz sind, sondern Partner.“
Schon damals das Gesicht der Werbung: Die Marktdame. Sie trägt eine große Schürze und zwei Körbe, gefüllt mit allerhand Dingen. Entworfen wurde sie von Irmgard Eixelberger.
Auch heute lacht sie von Türen und Schaufenstern. Wie bei „Baumgartner Kindermode & Lederwaren“ in der Bürgergasse. Chef Gerd Baumgartner findet den Kirtag wichtig: „Früher hat es kein GEZ, keinen Murpark oder Seiersberg gegeben. Heute geht der Kirtag Richtung Unterhaltung und Gastro“, sagt er.
Das bestätigt auch Bernhard Pilz, Sohn des verstorbenen Intersport-Gründers Wolfgang Pilz: „Stadt und Händler haben die Veranstaltung über die Jahre am Leben gehalten. Das gelingt nur mit Veränderung“, sagt er und meint damit das zusätzliche Rahmenprogramm.
Das Bild eines Ochsen, der auf einem Spieß gebraten wird, hat sich als Kirtag-Erinnerung in Ingeborg Brunschkos Gedächtnis gebrannt. Ihr Mann war Degenhart Brunschko, ihnen gehörten die beiden Radio-Bünte-Geschäfte. Mittlerweile führt diese ihr Sohn. „Ware, die übrig geblieben ist, haben wir früher beim Kirtag billig verkauft“, erzählt die 81-Jährige, die heute immer noch hinter der Kassa am Florianiplatz steht.
Organisation veränderte sich
Die Organisation der Werbegemeinschaft veränderte sich mit den Jahren. 1993 wurde die Gründung von Tourismusverbänden gesetzlich vorgeschrieben - aus der Gemeinschaft wurde ein Verband.
2021 strukturierte sich der steirische Tourismus neu, der Verband wurde in die „Erlebnisregion Oststeiermark“ eingegliedert, das Stadtmarketing Gleisdorf ist seitdem die Dachorganisation und tritt als Veranstalter auf.
Zehntausende Menschen kommen zum Kirtag
„Die Organisationen haben sich geändert, der Sinn ist der gleiche geblieben“, sagt Gerwald Hierzi, der seit 2012 die Abteilung „Kultur und Marketing“ in Gleisdorf leitet. Für ihn ist der Tip-Kirtag kein klassischer Kirtag - „es ist eine Leistungsschau!“
70 bis 80 Betriebe seien dabei, die Zahl sei in den vergangenen Jahren stabil geblieben. „Am Tag wird eingekauft, am Abend geht der Kirtag zum Stadtfest über“, so Hierzi.
Allein am Freitag würden rund 16.000 Besucherinnen und Besucher in die Innenstadt kommen, am Samstag rund 10.000 - „das lässt sich durch unser Innenstadtmonitoring mittlerweile sagen.“
Hierzis Highlight ist kein Programmpunkt: „Es ist die Gemeinschaft, die aus der Stadt selber kommt.“ Durch die Eingliederung des Tips ins Stadtmarketing komme „alles aus einem Guss und das ist bemerkenswert!“