Brisante Post landete dieser Tage in den E-Mail-Ordnern von Bundeskanzler Sebastian Kurz und Vizekanzler Heinz-Christian Strache. Andreas Schuller, Gerda Lichtberger und Gunter Wilfinger, die Direktoren der Bundesoberstufenrealgymnasien aus dem kärntnerischen Hermagor, aus Deutschlandsberg und aus Feldbach wandten sich gemeinsam an das türkis-blaue Politikerduo. Der Betreff des E-Mails (das Schreiben liegt der Kleinen Zeitung vor) – „Einrichtung von Unterstufenklassen“ – birgt in der Südoststeiermark viel Zündstoff.
Ein Thema, das die Region spaltet
Im Schreiben selbst teilt das Direktorentrio Kurz und Strache seine Freude über „das Bekenntnis der Regierung im Regierungsprogramm zum differenzierten Schulsystem“ mit. Das sieht ja unter anderem auch „die bedarfsgerechte Schaffung von AHS-Unterstufen-Standorten“ vor.
Ein Thema, das die Region in zwei Lager teilt. Die Bürgermeister und NMS-Direktoren fürchten um ihre Schulstandorte, die Freiheitlichen und die IG SOS (Interessensgemeinschaft Südoststeirische Schuloffensive) wiederum fordern vehement die Einführung zweier Unterstufenklassen im Bundesschulzentrum Feldbach. 2016 sammelte die IG 2000 Unterschriften und im März 2017 wurde ein formaler Antrag auf Errichtung einer AHS-Langform bei der damaligen Bildungsministerin Sonja Hammerschmid (SP) eingebracht – ohne konkretes Ergebnis.
Mit dem Regierungswechsel wittert man im Lager der Unterstufen-Befürworter nun wieder Morgenluft. „Es ist ein Zeitfenster offen, weil plötzlich ein Stimmungswechsel bemerkbar ist“, gibt sich Borg-Direktor Gunter Wilfinger optimistisch. „Wenn es jetzt nicht geht, geht es nie mehr, aber so nah dran waren wir noch nie.“
In ihrem Schreiben an Kanzler und Vizekanzler teilen die Direktoren auch mit, dass man „sofort bereit“ sei, den Auftrag der Regierung „und den Wunsch der Eltern“ umzusetzen und schon im Herbst 2018 mit Unterstufenklassen beginnen könne.
Diese Zuversicht teilt auch FPÖ-Nationalrat Walter Rauch. „In den nächsten zwei Jahren gibt es zu 100 Prozent eine AHS-Unterstufe in Feldbach.“ Die Südoststeiermark ist ja einer von nur neun österreichischen Bezirken, in denen es keine AHS-Unterstufe gibt. Ein Umstand, den Rauch ändern möchte. 61 Kinder aus dem Bezirk Südoststeiermark besuchen nach Rauchs Angaben derzeit Unterstufenklassen in den Gymnasien in Fürstenfeld und Gleisdorf. „Mein Ziel ist es, diese Kinder im eigenen Bezirk zu unterrichten“, stellt der FPÖ-Bezirksparteiobmann klar.
"Positive Signale" aus der Bundesregierung
Rauch ortet nach vielen Gesprächen „positive Signale“ aus der Bundesregierung. „Wir haben jetzt eine Riesenchance in den Bezirken Südoststeiermark und Hermagor aufgrund der vorhandenen Infrastruktur kostengünstig eine AHS-Unterstufe zu installieren.“
Und obwohl zwischen Hermagor und Feldbach doch einige Kilometer liegen, könnten die beiden Schulstandort voneinander profitieren. In Kärnten fordert nämlich die ÖVP eine Unterstufe, in Feldbach die FPÖ. Ein möglicher Handel auf dem Wiener Parkett ist deshalb nicht ganz von der Hand zu weisen. Für Walter Rauch geht es jetzt darum, den Umsetzungsprozess in Gang zu setzen. „Und das geht nur über die Bildungsdirektorin Elisabeth Meixner. Sie kann den Auftrag erteilen.“
Die steirische Bildungsdirektorin spielt den Ball aber weiter nach Wien zum neuen Bildungsminister Heinz Faßmann. „Ich hatte diesbezüglich bereits Kontakt zum Kabinett des Minister. Er kennt die Causa und er ist auch derjenige, der sie entscheidet“, sagt Meixner im Gespräch mit der Kleinen Zeitung. Denn, so Meixner weiter, das sei ein Thema, das ganz Österreich betreffe und deshalb bedürfe es einer Grundsatzentscheidung durch den Minister. „Es würde mich schon sehr wundern, wenn der Minister nur für einen Standort eine Entscheidung treffen würde. Es muss eine Gesamtlösung geben“, sagt Meixner. Außerdem gäbe es laut der Bildungsdirektorin im Feldbacher Bundesschulzentrum Platzprobleme. „Bei der Sanierung der Schule wurde eine Unterstufe nicht mitgedacht. Es gibt seitens der zuständigen Stellen im Landesschulrat große Bedenken, dass zwei Klassen dort Platz haben.“
Schreckgespenst und Totschlag-Argument
Dem widerspricht Direktor Gunter Wilfinger. „Die Raumkapazität ist vorhanden, wenn das Raumkonzept im Schulzentrum verbessert wird.“
Die Sorgen der Bürgermeister und NMS-Direktoren, eine AHS-Unterstufe könnte das Aus für so manche NMS bedeuten, teilen Wilfinger und Rauch nicht. „Das ist ein Schreckgespenst und Totschlagargument. Wir reden hier von einer fixen Begrenzung von zwei Klassen. Das sind etwa 50 Schüler.“
In Feldbach hat man ja im vergangenen Herbst in den Volksschulen sowie in einer NMS-Modellklasse mit der Umsetzung der neuen „Schule der Zukunft“ begonnen. Eine AHS-Unterstufe habe neben dieser in Feldbach keinen Platz, hat Bürgermeister Josef Ober im September gemeint. Zu den aktuellen Entwicklungen wollte das Stadtoberhaupt auf Nachfrage der Kleinen Zeitung nichts sagen. „Ich werde mich zum gegebenen Zeitpunkt dazu äußern“.