Die Lüftungsanlage surrt laut vor sich hin, sonst gibt es für die Ohren in dem kleinen, rechteckigen Raum nicht viel zu hören. Dafür haben die Augen umso mehr zu tun. Kleine Säcke, gefüllt mit Biostroh und Pilzmyzel ordnen sich Reih an Glied nebeneinander, Etage für Etage. Jeder Sack schaut anders aus und dabei ist ihnen allen doch eines gemein: Sie sind die "Brutstätte" für die Pilze, die am Hof der Familie Kirchsteiger in Vorau seit zwei Jahren gezüchtet werden. 

"Viele haben uns zu Beginn belächelt, mittlerweile haben wir die Investition zurückbezahlt und es rentiert sich", freut sich Astrid Kirchsteiger. Und dabei hat es Corona den innovativen Landwirten gar nicht so einfach gemacht. Die erste Lieferung - fünf Kilo Pilze für ein Gasthaus - musste Kirchsteiger gleich wieder mit heimnehmen. "Ich habe an diesem Tag keine Nachrichten gehört und nicht mitbekommen, dass zwei Tage später alles zusperren muss", sagt sie und erinnert sich: "Es hat uns gezeigt, dass wir kreativ sein müssen." Seither gibt es die Pilze auch in getrockneter Form.

Rosenseitlinge, die kurz vor der Ernte stehen
Rosenseitlinge, die kurz vor der Ernte stehen © Susanne Rauschenbach

Entstaubtes Biostroh

Frisch sind sie hingegen im Kühlschrank, wo Sohn David, der den Hof übernehmen wird, gerade jene hineingibt, die seine Mutter im Pilzzuchtraum erntet. Mit geschärftem Blick für die fertigen Exemplare geht sie zielstrebig auf rosarote und weiße Pilze zu, um sie wenig später mit gekonntem Griff vom Strohsack herunterzudrehen. "Manchmal wachsen mehr, manchmal weniger", weiß sie und steht in Mantel, Überschuhen und Mundschutz in dem Raum.

Das ist wichtig, weil die Pilze sehr empfindlich sind. "Nicht jedes Klima passt für jeden Pilz", sagt sie und entdeckt dabei kleinste Exemplare, die gerade ihre ersten Köpfchen aus dem Sack strecken. Stolz nimmt sie einen Sack vom Regal herunter und erklärt: "Darin ist entstaubtes Biostroh, das mit Myzel beimpft ist." Dass sich dieses entfaltet und Pilze wachsen, ist nicht ganz einfach. Dafür braucht es einen finsteren "Bebrütungsraum" - der sich zwei Türen weiter befindet - und 27 Grad. Erst wenn aus den ersten Löchern, je nach Sorte sind es vier bis sechs pro Sack, die ersten Exemplare zu wachsen beginnen, wandern sie in den Reiferaum, in dem Astrid Kirchsteiger gerade jeden einzelnen Sack unter die Lupe nimmt.

Perfektes Klima

"Die Temperatur ist zu hoch", sagt sie mit einem prüfenden Blick auf die Anzeige. "Hier muss es 17 Grad und 90 Prozent Feuchtigkeit haben." Letztere liegt im Moment bei 70 Prozent. "Vom Klima ist abhängig, wie die Pilze wachsen", weiß sie. Auch der CO2-Wert spielt eine zentrale Rolle. "Weil wir herinnen sind, steigt dieser natürlich", ist sie bestrebt, den Raum schnellstmöglich zu verlassen.

Die klimatischen Bedingungen haben die 52-Jährige und ihr 19-jähriger Sohn David nämlich auch von draußen unter Kontrolle. "Wir können die ganze Anlage über Handy und Computer steuern", freut sich David Kirchsteiger, der seine Pilze auch via Instagram vermarktet und auf das "Familienprojekt" stolz ist. Immerhin habe sein Bruder Oliver im Rahmen seiner Diplomarbeit in der HTL die Steuerung entwickelt. "Vier Sender überprüfen die Anlage", erzählt Oliver und zeigt währenddessen stolz auf seinem Tablet Kurven und Diagramme her, anhand denen er die Entwicklung der letzten Tage im Überblick hat.

"Startschuss für Innovatives"

Vor allem im Sommer ist die Pilzzucht ob der hohen Außentemperaturen eine Herausforderung, weiß Astrid Kirchsteiger, während sie sich Mantel, Überschuhe und Mundschutz wieder abstreift. Aber auch dieser Herausforderung wollen sich die Kirchsteigers stellen und sehen die Pilzzucht als "Startschuss für Innovatives", wie David, der noch zahlreiche weitere Projekte im Kopf hat, schmunzelnd erzählt. Tatkräftige Unterstützung bekommt er dabei von seinen Eltern und drei Geschwistern. "Es darf ja ruhig was Neues passieren", lächelt Mama Astrid.