Es ist acht Uhr morgens am ersten Freitag des neuen Jahres. St. Marein im Mürztal ist von Frost bedeckt und wirkt noch verschlafen, die meisten Menschen stehen erst auf und machen sich für die Arbeit fertig. In der Pfarre der Gemeinde herrscht jedoch schon reges Treiben. Beim Betreten des Gemeinschaftssaals der Pfarre leuchten einem bunte Kostüme entgegen.
Inmitten der vielen energetischen Kinder steht ein Mann und versucht etwas Ordnung in die chaotische Gruppe zu bringen. Er verteilt Kostüme, erklärt die heutigen Strecken und spricht mit den Eltern. Thomas Lang organisiert heuer zum dritten Mal das Sternsingen in St. Marein. „Es ist wirklich eine immense Organisation, die dahintersteckt. Alle Kinder müssen in Gruppen eingeteilt werden und Betreuer zugeteilt bekommen, die Strecken müssen geplant werden und auch spontan muss man noch einiges bewältigen“, erzählt er.
34 Sternsinger in St. Marein
Jährlich ziehen in Österreich rund 85.000 Mädchen und Buben als Caspar, Melchior und Balthasar sowie meist auch eine Person als Stern durchs Land, um Spenden für Menschen in Not zu sammeln. Die gesammelten Gelder fließen in über 500 Projekte in Afrika, Asien und Lateinamerika. „Es wird jedes Jahr ein Land ausgesucht, auf welches Schwerpunkt gelegt wird. Heuer ist das Land Nepal, wo jeder zweite Mensch in Armut lebt“, sagt Thomas Lang. In St. Marein gingen heuer neun Gruppen umher, über drei Tage verteilt sind es 34 Kinder.
Nach dem Einteilen der Gruppen und dem Anziehen der Kostüme, geht es los. Die Kinder lesen sich die Texte noch einmal genau durch und – Showtime. „Es ziehen aus weiter Ferne drei Könige einher“, beginnen die Kinder zu singen. Danach werden ein paar Sprüche aufgesagt und schließlich um Spenden gebeten. Die Begegnungen mit den Menschen gehören jedes Jahr zu den schönsten Momenten des Sternsingens. „Ich freue mich so, dass ich heuer daheim bin, wenn ihr kommt. Früher bin ich selbst als Begleiterin mitgegangen“, lächelt eine ältere Dame und gibt nicht nur eine Geldspende, sondern auch Schokolade für die Kinder her. Die Mädels und Buben bedanken sich lauter als je zuvor.
Diskussionen über „Blackfacing“
Trotz der überwiegend positiven Reaktionen gibt es auch kritische Stimmen. „Eine Frechheit ist das! Nächstes Jahr mache ich euch nicht mehr auf, wenn keiner schwarz angemalt ist“, ruft ein Mann empört. In den letzten Jahren wurde vermehrt über die Praxis diskutiert, einen der Könige schwarz zu schminken. Diese Darstellung wird zunehmend als problematisch angesehen, da sie an das rassistische „Blackfacing“ erinnert. Das Kindermissionswerk empfiehlt daher: „Kommt so, wie ihr seid!“
Auch in den Gemeinden der Region wurde dieser Vorschlag aufgegriffen. Dennoch wird die Entscheidung, auf das Schminken zu verzichten, stark diskutiert. „Abseits von allem anderen, ist es einfach mühsam, die Kinder anzumalen. Die Farbe stinkt und pickt und alle Gewänder sind danach dreckig und befleckt“, sagt Thomas Lang zu der Entscheidung. Auch den Kindern selbst ist es zum Großteil lieber, sich nicht anzumalen. „Das geht immer so schwer runter und man schwitzt so“, meinen einige der älteren Kinder, die sich früher noch angemalt haben.
Trotz seltener verärgerter Reaktionen freuen sich aber die meisten Menschen sehr über die Fortführung des Brauchtums und neben vielen hunderten Euro pro Gruppe, die gesammelt wurden – insgesamt rund 4.500 Euro nur in St. Marein – bleiben auch die Interaktionen mit den Bewohnern der Gegend im Gedanken. Ob Süßigkeiten, Getränke oder strahlende Gesichter – das Sternsingen bleibt eine lebendige Tradition, die noch immer Generationen verbindet.