Drei junge Männer malträtierten im Juni eine obdachlose Frau in Kapfenberg. In Handschellen und in Begleitung von Justizsonderkräften wurden die Jugendlichen, sie sind 16, 18 und 19 Jahre alt,  aus der U-Haft in den Gerichtssaal am Straflandesgericht Leoben gebracht. Anklägerin Anita Lanz warf ihnen absichtliche schwere Körperverletzung vor. Weil der psychiatrische Sachverständige Manfred Walzl bei den Jugendlichen eine Persönlichkeitsentwicklungsstörung ortet, beantrage die Staatsanwältin eine Einweisung in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher.

Anklägerin Anita Lanz
Anklägerin Anita Lanz © Katrin Schwarz


Kalt und emotionslos schilderten die drei Österreicher, die in der Region zu Hause sind, ihr perfides Vorgehen. „Das war nicht richtig der erste Vorfall“, gab der 16-jährige Erstangeklagte bei seiner Befragung durch die vorsitzende Richterin des Schöffensenats, Sabine Anzenberger, zu.

Attacken mit dem Handy festgehalten

Schon Tage zuvor hatte der Zweitangeklagte (18) der Frau auf einer Brücke beim Stadion in Kapfenberg in den Rücken getreten. Ein Gebüsch bewahrte sie davor, nicht in die Mürz zu stürzen. Doch die Jugendlichen leckten Blut: „So sind wir auf die Idee gekommen, dass wir das machen.“ Es sei so gut gewesen, die Frau zu treten, habe der 18-Jährige geprahlt. Dieses Gefühl habe der Drittangeklagte auch spüren wollen, erzählte der 16-Jährige. Die Burschen suchten die Frau an ihrem bekannten Schlafplatz auf und urinierten einer nach dem anderen auf sie herunter. Als sie sich mit einem Regenschirm schützen wollte, kassierte sie Tritte. Das Ganze hielten sie mit dem Handy fest.

Der psychiatrische Sachverständige Manfred Walzl ortet bei den Jugendlichen Persönlichkeitsentwicklungsstörungen
Der psychiatrische Sachverständige Manfred Walzl ortet bei den Jugendlichen Persönlichkeitsentwicklungsstörungen © Katrin Schwarz


Am nächsten Tag suchten sie wieder nach ihr. „Warum?“, fragte die Richterin. „Wir wollten wieder Videos machen.“ Sie fanden sie in einer Bank und lockten sie mit einer Zigarette ins Freie. Wieder gab es einen Tritt gegen den Rücken, weitere folgten. Für die Faustschläge, die einer der drei Angeklagten der Frau abwechselnd in Boxermanier verpasste, platzierte er extra Feuerzeuge in den Fäusten. „Damit man härter zuschlagen kann und die Schläge mehr wehtun.“

Zuletzt stampfte einer der drei noch mit dem Fuß mehrfach auf den am Asphalt liegenden Kopf der Frau, bis sie blutend und bewusstlos liegen blieb. „Wir haben ausgemacht, dass wir ihr ein bisserl Angst machen, nicht dass es so schlimm wird.“ Zehn Minuten ließen sie die Frau liegen, erst als sie sich wieder bewegte holten sie die Rettung.

Richterin Sabine Anzenberger: "Ich sehe den Anfangsverdacht für einen Mordversuch“
Richterin Sabine Anzenberger: "Ich sehe den Anfangsverdacht für einen Mordversuch“ © Katrin Schwarz

Unzuständigkeitsurteil - jetzt geht es um Mordversuch

Alle drei gestanden vor Gericht ein, zu wissen, dass durch dieses brutale Vorgehen ein Mensch sterben könne. Aufgrund der neuen Beweislage, der zusätzlichen Tathandlung und aufgrund der mehrfach wuchtigen Tritte auf den Kopf, sei der Anfangsverdacht für einen Mordversuch gegeben, so die vorsitzende Richterin Sabine Anzenberger. Somit ist das Schöffengericht nicht mehr zuständig. Um 14.58 Uhr fiel ein Unzuständigkeitsurteil. Die drei Angeklagten der Prügelattacke wurden zurück in die U-Haft abgeführt. Ebenfalls auf der Anklagebank saß ein 17-Jähriger. Ihm wurde, wie auch den drei anderen Angeklagten, Raub vorgeworfen. Sein Verfahren wurde ausgeschieden.

Videos von Übergriff auf Obdachlose

Das Videomaterial von den brutalen Misshandlungen zeigten die Burschen Freunden – das wurde ihnen zum Verhängnis. Einer ging zu seinem Betreuter bzw. der Polizei. Ihm wurde zuvor noch gedroht, dass es ihm gleich wie der Obdachlosen ergehen werde, sollte er den Vorfall melden. Der Jugendliche bewies Courage und machte es trotzdem.

Video: Obdachlosigkeit - Wie es ist, auf der Straße zu leben