Herr Friedl, aktuell klagen Wirte in Graz und Umgebung über akute Personalnot. Wie bitter ist die Situation?
Corona hat das extrem verstärkt. Viele Leute wurden gekündigt oder mussten in Kurzarbeit, in dieser langen Zeit wurden manche abgeworben, viele haben sich auch anderen Branchen zugewandt.

Den Grund dafür sehen manche darin, dass die Wirte zu wenig bezahlen. Von „Sklavenarbeit“ und „Hungerlöhnen“ ist die Rede.
Wir wollen die Mitarbeiter nicht ausnutzen, sondern binden. Und wenn es so schlecht wäre, würden uns viel mehr von den 22.000 Mitarbeitern in der Steiermark den Rücken kehren. Bei Mitarbeitern, die sich soeben getrennt haben, muss man vorsichtig sein, weil die Emotionen hoch gehen. Aber eines muss auch klar sein: Es gibt deutliche Unterschiede zwischen Fachpersonal und Hilfskräften.

Wie macht sich der bemerkbar?
Wir haben einen Fachkräftemangel, das heißt, einen Koch im ersten Jahr nach der Lehre wird man im Großraum Graz nicht unter 1900 Euro brutto bekommen. Wer den Gastro-Beruf nicht gelernt hat, bekommt immerhin bis zu 1600 brutto. Man darf aber nicht vergessen: In den meisten Betrieben bekommt man Essen und Trinken, manchmal sogar noch Unterkunft dazu – welcher Beruf kann das schon bieten?

Sind nicht oft die Arbeitszeiten das Problem?
Also ich kenne keinen Betrieb mit einem 12-Stunden-Arbeitstag, und Überstunden werden ausbezahlt, vor allem, wo doch die meisten schon elektronische Aufzeichnungen führen.

Das Trinkgeld macht den Unmut offenbar auch nicht wett ...
Wer seinen Beruf gern macht ist freundlich, und wer freundlich ist, bekommt mehr Trinkgeld. Aber ich weiß, dass in der Branche auch darüber diskutiert wird, fixes Trinkgeld wie in den USA einzuführen. Aber das ist noch kaum spruchreif.

Gerade der Großraum Graz müsste es aber ja viel leichter haben, qualifiziertes Personal zu bekommen ...
Nein, derzeit sind nur etwa 20 ausgebildete Personen übers AMS zu bekommen. Außerdem ist das Angebot an anderen Jobs für junge Leute deutlich gestiegen. Vor 20 Jahren gab es ja viel weniger Berufe zur Auswahl – allein die IT-Branche nimmt uns natürlich viele potenzielle Hilfskräfte weg.

Noch einmal: Könnte man nicht die Löhne anheben?
Die Personalnot, hat nicht nur mit den Löhnen zu tun. Viele Menschen haben durch Corona gemerkt, dass es mit weniger Gehalt auch geht, und wollen am Wochenende gar nicht arbeiten. Vor allem das mittlere Segment hat es da schwer, die Kirchenwirte und Landgasthäuser.

Und über den Preis auf der Karte funktioniert es nicht?
So lange Möbelhäuser ein Cordon Bleu um 2,90 Euro anbieten, haben wir keine Chance. Wenn du heute einen Espresso von 2,30 auf 2,40 anhebst, kommt der Aufschrei der Arbeiterkammer. Den Wirten muss aber trotzdem klar sein, dass sie kalkulieren müssen. Ein Menü um 6-Euro anzubieten, wird sie ruinieren, denn die Lohnkosten steigen sehr wohl.

Wo sehen Sie also die Zukunft in der Gastro im Raum Graz?
Wenn ich in die Glaskugel schaue, glaube ich, dass die Preise in der Gastronomie angehoben werden müssen. Wer das nicht macht, ist in ein, zwei Jahren weg. Und der Kunde zahlt das nur, wenn die Qualität passt.