Der Internationale Währungsfonds (IWF) rät Österreich in seinem Länderbericht (Artikel IV) zu umfassenden Kürzungen in den Ausgabebereichen Gesundheit, Bildung und Pensionen. Mit den "Effizienzgewinnen" aus derartigen Reformen solle Österreich ab 2018 bis 2020 einen "strukturellen Budgetüberschuss" von einem halben Prozentpunkt des BIP finanzieren.

Dieser Budgetüberschuss sollte solange aufrechterhalten werden, bis die Staatsschuldenquote auf 60 Prozent des BIP gesunken ist. Derzeit habe Österreich eine Schuldenquote von 86 Prozent. Damit würde Österreichs fiskalische Lage stabiler, das Land wäre wieder gerüstet für eine antizyklische Fiskalpolitik und auch das Triple-A-Rating könnte früher zurückgeholt werden, was wiederum in Zukunft die Kosten für neue Schulden senken würde.

Mehr Ausgaben ohne bessere Resultate

Österreich gebe in den großen Ausgabenbereichen Gesundheit, Bildung und Pensionen deutlich mehr aus als vergleichbare Länder, erziele aber keine besseren Resultate, heißt es im IWF-Bericht. Daher sollten die Ausgaben für diese Zwecke mittels breit angelegter Reformen deutlich gekürzt werden. Um derartige "Effizienzgewinne" zu erzielen, sollte Österreich eine konzentrierte "nationale Strategie" auf allen staatlichen Ebenen verfolgen und sich an internationalen "best practice"-Modellen orientieren.

Im Gesundheitsbereich sollten die Bemühungen, Patienten weg von Spitälern hin zu ambulanten Einrichtungen zu bringen, verstärkt werden. Auch die Zahl der Betten bzw. Ärzte pro 1.000 Einwohnern sollte gesenkt werden und sich an jener vergleichbarer Länder orientieren, um Kostenineffizienzen einzudämmen.

Im Bildungswesen sollten die Ausgaben pro Schüler bzw. Studenten reduziert werden, da sie ebenfalls über jenen vergleichbarer Länder lägen, ohne aber höhere Resultate etwa bei Pisa-Tests hervorzubringen. Einige der eingesparten Mittel sollten aber wieder in die Bildung gesteckt werden, insbesondere um die Bildungsergebnisse in der Sekundärstufe (10- bis 18-Jährige, Anm.) zu verbessern.

Großzügiges Pensionssystem

Im "großzügigen Pensionssystem" rät der IWF zu mehr Anreizen, um länger zu arbeiten, und zu einer weiteren Verbesserung des Systems bei Berufsunfähigkeit, um Missbrauch zu verhindern. Das könnte dem Staat helfen, Geld zu sparen. Darüber hinaus würde eine Verknüpfung des gesetzlichen Pensionsantrittsalters mit der steigenden Lebenserwartung laut IWF die Ausgaben für Pensionen langfristig um einen Prozentpunkt des BIP senken. (Für IWF-Beschäftigte liegt das reguläre Pensionsalter laut Homepage bei 62 Jahren, Anm.).

Auch der geplante Anstieg des Frauenpensionsalters in Österreich sollte früher beginnen als derzeit festgelegt im Jahr 2024. Eine frühere Anhebung würde laut IWF die Einkommensungleichheit der Frauen senken und mehr Menschen auf den Arbeitsmarkt bringen.

Schließlich sieht der IWF Einsparungspotenzial bei Förderungen und Unterstützungsleistungen für Unternehmen und private Haushalte, wozu etwa mehr Transparenz und bessere Zielvorgaben auf allen Ebenen hilfreich wären.

Spielraum für Steuersenkung

Durch solche Reformen würde Österreich auch mehr Spielraum für eine weitere Steuersenkung auf Arbeit bekommen. Insbesondere die hohen Sozialversicherungsbeiträge könnten stärker als geplant gesenkt werden. "Solche Kürzungen wären auch dann erstrebenswert, wenn die Ausgaben für Soziales nicht genügend gekürzt werden könnten, denn sie könnten finanziert werden durch höhere Steuern auf Konsum, höhere Umweltsteuern und höhere Vermögenssteuern, die in Österreich deutlich unter dem internationalen Durchschnitt lägen", heißt es im IWF-Bericht.

Der Länderbericht wurde in Wien vom für Österreich zuständigen Mission Chief des IWF, Nikolay K. Gueorguiev, in den Räumen der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB) präsentiert. Nationalbank-Gouverneur Ewald Nowotny betonte, dass der Bericht die Ansichten des IWF wiedergebe. Die Nationalbank habe in einigen Bereichen unterschiedliche Ansichten.

Der komplette Österreich-Bericht wird vom IWF erst Mitte Februar 2016 veröffentlicht.

Asylwerber sollen arbeiten

Der IWF spricht sich für eine rasche Integration der Flüchtlinge aus. Dazu sollten Asylwerber auch schon während ihres Asylverfahrens die Möglichkeit erhalten zu arbeiten, Einschränkungen für die Arbeitsaufnahme sollten abgebaut werden, so die in Washington ansässige internationale Finanzorganisation.

Derzeit ist es Asylwerbern in Österreich während des Asylverfahrens nur sehr eingeschränkt erlaubt zu arbeiten.

Das Tempo der Integration von Flüchtlingen werde entscheidend sein, um einen Abbau ihrer Fähigkeiten zu vermeiden und ihre Arbeitsmotivation zu erhalten, warnt der IWF. Die österreichischen Behörden hätten sich richtigerweise auf die Verbesserung der sprachlichen Fähigkeiten und auf die Zertifizierung beruflicher Fähigkeiten der Immigranten sowie auf Lehrlingsausbildung konzentriert.

Güstige Wohnungen für Flüchtline

Für die Einwanderer sollten auch leistbare Wohnmöglichkeiten in jenen Gebieten, wo es Nachfrage nach Arbeitskräften gebe, geschaffen werden. Generell sollte die Besteuerung von Arbeit so gestaltet werden, dass Arbeit finanziell attraktiver werde als der Empfang von Sozialleistungen, auch bei niedrigen Löhnen, so der IWF.

Die Welle von Asylwerbern erzeuge Druck auf die öffentlichen Ausgaben, so der IWF. 2015 werden 80.000 bis 90.000 Asylanträge in Österreich erwartet, was etwa einem Prozent von Österreichs Bevölkerung entspreche. Auch 2016 werden ähnliche Zahlen von Asylwerbern erwartet. Die Netto-Kosten für das Budget werden nach Prognosen für 2015 mit 0,1 Prozent des Brutto-Inlandsprodukts (BIP) angegeben, 2016 sollen die Kosten dann auf 0,3 Prozent des BIP steigen.

Die starke Zuwanderung hat laut IWF auch positive Effekte: Der Anstieg von Immigranten in den Jahren 2015 bis 2020 könnte das BIP-Wachstum 2020 um einen Viertel-Prozentpunkt anheben. Auch die öffentlichen Ausgaben für das Pensions- und Gesundheitssystem könnten um einen ähnlichen Betrag zurückgehen.

Kritik an Österreichs Banken

Der IWF sieht die Lage der Banken in Österreich kritisch. Zwar seien einige wichtige Schritte erfolgt, doch seien noch weitere Maßnahmen zur Stabilisierung ausständig. Die großen Banken hätten zwar wachsende Eigenkapitalpolster, im Vergleich mit anderen Großbanken aber noch nicht genug, regt der IWF eine Eigenkapitalstärkung an.

Die Behörden sollten strengere Eigenkapitalquoten einfordern. Außerdem sollten die Behörden von den Banken Maßnahmen fordern, um das Risiko der Kredite in Schweizer Franken einzudämmen, etwa indem zur Konversion in Kredite auf Euro-Basis ermutigt werde. Die Kreditrisiken könnten auch durch Umstellungen auf Kredite mit früherer Rückzahlung statt mit Endfälligkeit verringert werden.

Bedenken zu Heta-Abwicklung

Beim Umgang mit den heimischen Pleitebanken sieht der IWF zwar grundsätzlich wesentliche Fortschritte. Bei der Hypo-Bad Bank Heta gebe es aber Bedenken wegen möglicher negativer Auswirkungen durch den Weg, den Österreich hier gehe, zeigt sich die in Washington ansässige internationale Finanzorganisation unzufrieden. Die Restrukturierung des Volksbanken-Sektors wird vom IWF ausdrücklich als Fortschritt gelobt. Der Verkauf des Hypo Alpe Adria-Netzwerks in Süd-Ost-Europa sei gelungen und der Rest der Hypo sei in eine Abbaubank, die Heta, transferiert worden, würdigt der IWF.

"Die Behörden sollten mit Bedacht vorgehen und die Vorteile einer schnellen Lösung mit dem finanziellen und Reputations-Risiko, das mit einer rückwirkenden Änderung von Verträgen einhergeht, abwägen", heißt es warnend im Bericht. Eine derartige rückwirkende Veränderung von Verträgen könnte die Glaubwürdigkeit von Garantien in Frage stellen und die Finanzierung für manche Banken teurer machen, warnt der Fonds.