Aufgeregt wedelt die zweijährige Mischlingshündin Runa dem Reporter entgegen, nur um direkt wieder fokussiert zu sein. Es ist Zeit für die Arbeit, denn für Runa steht in der Zukunft ein wichtiger Test an: der Eignungstest für einen Assistenzhund.
Zwei Jahre lang lebte Runa bei der Grazer Hundetrainerin Bettina Brückler und wurde von ihr als Assistenzhündin für posttraumatische Belastungsstörung ausgebildet. Runa wird in Zukunft ihrer neuen Besitzerin im Alltag unter die Arme greifen. Aber wie kann ein Hund bei diesem Krankheitsbild genau unterstützen?
Tierischer Wecker
Auf unterschiedlichste Weise, wie sich beim Vorzeigen zeigt. Die Hündin kann Knöpfe drücken, in einer Schlange Distanz herstellen oder auch Schlüssel aufheben. „Runa soll im Alltag größtenteils ihrer Besitzerin Nähe geben und sie aktivieren, damit sie einen geregelten Tagesablauf hat“, erzählt Brückler. Besonders eindrucksvoll zeigt sich das Aktivieren beim Aufwecken am Morgen. Wenn es Zeit zum Aufstehen ist, hüpft Runa ins Bett ihrer Besitzerin, zieht ihr die Decke weg und stupst sie so lange an, bis sie aufsteht.
Gleichzeitig unterstützt Runa ihre Besitzerin in stressigen Situationen. Die Mischlingshündin erkennt, wenn der Mensch Stress bekommt und zeigt an, dass man die Situation wieder verlassen soll, damit der Stress nicht größer wird. Darauffolgend gibt sie Nähe, um den Stresspegel wieder zu senken.
Aufwecken, Schlüssel aufheben, Platz schaffen - das kann Hündin Runa
Hunde können Menschen, die unter anderem psychische Probleme haben, unterstützen und ihnen durch schwierige Zeiten helfen. Kontakt zu Tieren hat nachweislich eine beruhigende Wirkung. Bei Menschen, die „Themen mit anderen Menschen haben“, kann das Tier diesen Stressfaktor unter anderem lindern, sagt Brückler. Außerdem erkennen die Hunde mit ihrer feinen Nase auch Dinge, die wir Menschen nicht erkennen können. „Wenn sich der Kortisolspiegel oder andere Stoffe im Körper verändern, kann der Hund den Unterschied zum Normalzustand feststellen und darauf reagieren. Der Hund kann uns vor Dingen warnen, die wir nicht wahrnehmen können“, sagt Brückler.
Lange Ausbildung
Die Ausbildung zum Assistenzhund startet schon im jungen Alter. Seit Runa neun Wochen alt ist, gehört sie zur Familie von Bettina Brückler. „Sie fährt jeden Urlaub mit und sie ist regelmäßig im Alltag dabei“, erklärt Brückler. Anfangs werden die klassischen Grundlagen trainiert, wie zum Beispiel an der Leine zu gehen oder der Rückruf. Im Alter von einem Jahr wird bei einem Gesundheitscheck festgestellt, ob der Hund geeignet ist, ein Assistenzhund zu sein. „Wenn das abgehakt ist, suche ich erst nach dem passenden Menschen für den Hund, weil ich keiner Person einen Hund versprechen möchte, der schlussendlich für die Aufgabe nicht geeignet ist“, erklärt Brückler. Wie leicht fällt ihr der Abschied von einem Tier, das sie zwei Jahre intensiv ausgebildet hat? „Nachdem von Anfang an klar ist, dass der Hund wieder auszieht, ist automatisch eine Distanz da“, sagt Brückler. Außerdem bleibe man automatisch mit der Besitzerin und dem Hund in Kontakt, da das Training nicht mit der abgeschlossenen Prüfung aufhört. „Es bleibt eigentlich ein lebenslanger Kontakt“, sagt sie.
Eine besondere Herausforderung in der Ausbildung sind die vielzähligen Reize, die es in unserer Welt gibt. Einerseits sollen die Assistenzhunde aktiv und reaktiv sein, damit sie die zugehörige Person im Blick haben, aber andererseits sollen sie nicht auf die Umwelt reagieren und Ruhe ausstrahlen. Für sie als Trainerin ist es schlussendlich aber immer schön zu sehen, wozu Hunde imstande sind und dass sie Freude an ihrer Arbeit haben. Wichtig sei es nur, die Hunde im Arbeitsmodus nicht zu stören. „Wenn die Tiere im Dienst sind, sollen sie sich nur auf den Besitzer konzentrieren“, sagt sie. Für Brückler ist es wichtig, dass die Hunde Freizeit haben und dort auch spielen können. Wenn sie jedoch im Dienst sind, sollen sie nicht abgelenkt werden.
Zum Zeitpunkt des Interviews war Runa noch im Training. Mittlerweile hat sie die Qualitätsprüfung zur Assistenzhündin erfolgreich abgeschlossen. Bald zieht sie zu ihrer Besitzerin nach Tirol und wird im Sommer die zweite Teamprüfung mit ihrer Besitzerin ablegen. Wenn sie diese Prüfung erfolgreich abschließt, darf sie auch ganz offiziell als Assistenzhündin mit ihren Pfoten ihrer neuen Besitzerin unter die Arme greifen.