Das notgelandete Swiss-Flugzeug, das seit 23. Dezember in Graz steht und auf einen Triebwerksaustausch wartet, wirft Fragen zur Wartung und Erhaltung von Luftfahrzeugen auf. Wie funktioniert das, wer gibt die Regeln vor, wie wird das durchgeführt?
Peter Malanik ist als Geschäftsführer des Interessensverbandes AI Austria ein Kenner der Materie. Die Plattform vereint die Luftfahrtbetreiber (Luftlinien, Flughäfen) und die Flugzeug-Zulieferindustrie. „Die meisten Passagiere machen sich keine Vorstellung, wie aufwändig die Wartung der Flugzeuge ist“. Etwa ein Drittel des Anschaffungspreises eines Flugzeuges müsse man für die Wartung rechnen.
Viele Stufen der Sicherheit
Ein Flugzeug ist nicht nur ein komplexes Verkehrsmittel mit Zehntausenden Komponenten und Einzelteilen, sondern auch überwacht wie kaum etwas anderes. Zum einen muss das Flugzeug in einem aufwändigen Prozess zertifiziert werden, um eine Musterzulassung zu erhalten. Zum anderen müssen diese Komponenten für sich jeweils luftfahrtgültig sein, also quasi immer wieder ein Pickerl bekommen. Ebenso bedeutsam für die Sicherheit ist die Ausbildung der Piloten, der Crew und des Wartungspersonals sowie das Thema, wie mit Vorkommnissen (Incidents) und Unfällen weltweit umgegangen wird. Aber davon später.
„Es gibt Vorschriften und Regeln, die der Hersteller festlegt“, erklärt Malanik. Also die Flugzeugbauer (etwa Airbus), die Triebwerkshersteller, die Fahrwerkshersteller bis hinunter zu den Produzenten etwa der elektronischen Innenausstattung. Sie legen Kontroll- und Reparaturintervalle fest.
Wer etwas angreifen darf
Andererseits gibt es Behörden, die eine dreistufige Pyramide bilden: An der Spitze befindet sich die weltweite ICAO (International Civil Aviation Organization), die die Grundregeln (generell des Luftverkehrs) festlegt. Konkreter setzen das dann die großen regionalen Behörden wie die EASA (European Union Aviation Safety Agency) oder die FAA (Federal Aviation Administration der USA). Sie legen fest, wer Reparaturen und Wartung ausführen darf und wie dies grundsätzlich zu geschehen hat. Konkret übernehmen die Überprüfung und Kontrolle (etwa der Werftbetriebe) die nationalen Flugsicherheitsbehörden, in Österreich die ACG (Austro Control).
Jede Komponente eines Flugzeuges erhält bei Auslieferung eine Lebenslaufakte. Da wird (heute elektronisch) verzeichnet, was wann an dem Teil verändert oder ob es verkauft und anderswo eingebaut wurde. Hier findet sich auch, wie lange es in Betrieb war. „Alles muss dokumentiert und unterschrieben werden“, sagt Malanik. Das dürfen nur bestimmte, dafür zugelassene und ausgebildete Personen machen. Man unterscheidet dabei zwischen „Rotables“, also Teilen, die immer wieder erneuert werden können und den „Consumables“, also etwa Betriebsmitteln, die für das Flugzeug direkt oder für die Wartung benötigt werden.
„Es gibt zwei Kapitel der Wartung bzw. Reparatur: Das eine ist die ,Line maintenance‘, also das tägliche Überprüfen von Flüssigkeiten oder kleinere Reparaturen, die anfallen.“ Unter Heavy Maintenance versteht man gröbere Arbeiten, wenn etwa ein Triebwerk ausgebaut oder zerlegt wird. „Das kann sehr aufwändig sein, mehrere Wochen dauern und Millionen von Euro kosten“. Oft wird dies in (günstigere) Länder ausgelagert, die aber nach EASA-Standards arbeiten müssen.
Reporting und Unfalluntersuchung
Auch der Austausch des Triebwerks in Graz wird nicht billig sein. Das neue Triebwerk muss mit den Technikern eingeflogen werden, womöglich wird ein Wartungszelt um das Triebwerk errichtet. Denkbar wäre aber durchaus, dass das Flugzeug - mit Sondergenehmigung und ohne Passagiere - mit einem Triebwerk zu einer Flugzeugwerft fliegt. An größeren Flughäfen gibt es meist Ersatztriebwerke, die dann auch zwischen Airlines getauscht werden.
Ein wesentlicher Baustein, warum der Luftverkehr so sicher ist (knapp fünf Milliarden Passagiere 2024, rund 300 Tote), bildet das System des Reporting und der Unfalluntersuchung. Ungewöhnliche oder potenziell gefährliche Ereignisse werden gemeldet. Der Hersteller analysiert sie und gibt Empfehlungen oder Vorschriften heraus.
Vertrauen der Passagiere
Bei gröberen Vorkommnissen oder gar Todesfällen werden Flugunfall-Kommissionen eingesetzt. Dabei geht es um die Aufklärung und nicht so sehr um eine juridische Einschätzung, wer schuld ist. Ein wichtiger Aspekt, damit Vorfälle nicht vertuscht werden. Diese Kommissionen geben oft Empfehlungen ab, die von den Behörden oder Herstellern umgesetzt werden. All dies erfolgt transparent und weltweit.
Das Vertrauen der Passagiere in den Luftverkehr ist groß, kaum jemand fürchtet Wartungsmängel. Und eines stellt Malanik auch klar: „Auch die Low-Cost-Flugunternehmen haben kein niedrigeres Sicherheitsniveau. Manche machen vielleicht mehr, aber wenn man sich an die Vorschriften hält, muss das reichen.“