Nach den corona-bedingten Absagen drohte ein verspäteter Saisonstart am 22. Jänner in Ljubno. Wie erleichtert sind Sie, dass es nun doch schon heute in der Ramsau losgeht?
DANIELA IRASCHKO-STOLZ: Es war zu befürchten, dass alle längeren Reisen wie nach Japan oder China organisatorisch kaum zu bewältigen sein würden. Und es stellt sich die Frage, ob sich das überhaupt rentiert. Denn, wenn du Spitzensport machst, leistest du für die Gesellschaft nicht einen absolut unverzichtbaren Beitrag, damit sich das Rad weiterdrehen kann. Es sind nun harte Zeiten, die definitiv nicht nur Sportler treffen. Im Gegenteil, wir Sportler führen ein sehr privilegiertes Leben, haben beim Training keine Einschränkungen. Die Opfer sind der Breiten- und der Schulsport – und das gibt mir zu denken. Hier muss man die Hebel ansetzen, denn es wird nicht die letzte Pandemie sein. Da muss man sich Konzepte überlegen, wie man die Leute in solchen Zeiten mehr zum Sport bringen kann.

Wie kommen Sie persönlich mit der Corona-Zeit zurecht?
IRASCHKO-STOLZ: Ich finde, dass man respektvoll durch die Welt gehen und dankbar sein muss, was die ältere Generation aufgebaut hat. Und man kann ihnen ein bisschen was zurückgeben, in dem man sich an die Vorschriften hält. Und gerade jetzt zu Weihnachten gibt es viele Omas und Opas, die Weihnachten allein verbringen müssen. Die eigentlich das Land so lebenswert und liebenswert gemacht haben, wie es ist. Ich persönlich tu mir nicht schwer, mich an die Regeln zu halten. Natürlich ist es traurig und langweilig, immer allein zu sein, aber es kommen auch wieder andere Zeiten.

Bei den Kombiniererinnen wäre beinahe der gesamte Weltcup ins Wasser gefallen. Man hat das Gefühl, dass, wenn es Absagen gibt, zuerst immer die Damenbewerbe gestrichen werden. Stimmt das?
IRASCHKO-STOLZ: Das ist logisch. Bei den Herren sind nun einmal viel mehr Fernsehsender zugeschaltet und mehr Fans in den Stadien – und daher ist es auch leistbar. Bei den Damenbewerben machst du in Zeiten wie diesen, also ohne Publikum, ein Minusgeschäft. Aber ich weiß keine Möglichkeit, wie man das ändern kann. Es ist im Leben leider nicht alles immer nur fair. Aber früher oder später wird sich das ausgleichen. Man darf jetzt nicht nur jammern, wir haben etwa bei der WM erstmals gleich viele Bewerbe wie die Herren. Was meiner Meinung nach fehlt, ist, dass es bei Olympia mehr als nur einen Wettkampf im Damenskispringen gibt. Und irgendwann dann auch einmal ein Skifliegen und die Anpassung des Preisgeldes an die Herren. Es gibt also schon noch genügend Unterschiede, obwohl der Aufwand einer Skispringerin derselbe ist wie der eines Skispringers.

Also wäre der Vorwurf der Diskriminierung fehl am Platz?
IRASCHKO-STOLZ: Ich denke ja, es ist eben alles eine Kosten-Nutzen-Rechnung. Es gibt genügend Veranstalter, die einen Damen-Weltcup austragen würden, aber die Zeiten sind wirtschaftlich gesehen eben nicht die einfachsten. Und es betrifft ja nicht nur die Nordischen, es geht ja vielen anderen Sportarten gleich. Auch dort wird vieles ausfallen. Aber man muss darauf achten, dass der Sport präsent bleibt und sich für Kinder und Menschen mit Übergewicht oder anderen Problemen Konzepte für den nächsten Lockdown überlegen. Wir müssen die Zeit nützen und Defizite ausräumen. Denn wir können das Virus nicht einfach wegmachen. Er wird uns noch ein bisschen begleiten und wir müssen damit leben. Aber man kann gut oder schlecht damit leben – und ich habe mich für das gute Leben entschieden.

Sie leiden derzeit an einem Schleudertrauma. Was genau ist passiert?
IRASCHKO-STOLZ: Es war beim Training in der Ramsau. Es war ein bisschen eisig, ich bin ungeschickt gelandet und hab dann die Skier verschnitten. Dann habe ich mich auf die Seite gelegt und gedacht, dass ich mit ein paar blauen Flecken davonkommen werde. Doch zwei Tage später konnte ich den Kopf nicht mehr drehen. Es beeinflusst mich schon ein bisschen beim Springen, aber es geht schon halbwegs. Wer weiß, für was es gut ist. Aber mein Weg stimmt prinzipiell – ich glaube, dass ich vorne dabei sein kann. Auch, wenn sich meine Technik etwas geändert habe und ich viel Zeit investiert habe, um mich dem anzupassen.

Wo soll Ihre Reise noch hingehen? Haben Sie vor, der Noriaki Kasai des Damenskispringens zu werden?
IRASCHKO-STOLZ: Wenn du nicht mehr vorne mitspringst, wird es mühsam. Aber es macht noch Spaß und ich fühle mich fit. Nach der Karriere könnte ich mir vorstellen, als Trainerin zu arbeiten. Ich kann ja ganz gut mit Leuten.