Sie befinden sich mit dem Team auf Trainingslager in Lillehammer. Wie sind die Bedingungen im hohen Norden?
ANDREAS FELDER: Am Montag konnten wir nur auf der Normalschanze trainieren, weil es leider ziemlich windig war. Am Abend sind dann Stefan Kraft und Michael Hayböck zur Mannschaft dazugestoßen. Wir werden heute noch einmal hier die Bedingungen nützen und dann morgen direkt von Lillehammer zur Tournee-Generalprobe nach Engelberg anreisen.

Nach der Absage des Weltcups in Titisee-Neustadt haben Sie gemeint, dass das schade sei. Dabei sollte dem angeknacksten Team doch die zusätzliche Pause entgegenkommen?
Es ist immer schade, wenn ein Weltcup ausfällt, doch ist es in unserer momentanen Situation natürlich gut, wenn wir zusätzliche Zeit haben, um Dinge auszuprobieren. Denn eines ist klar: Im Wettkampf kann man sich keine Sicherheit holen. Und die brauchen wir jetzt.

Sie hören es bestimmt nicht gerne, doch nach dem verpatzten Saisonstart ist der Druck enorm gestiegen. Jetzt steht der erste Saisonhöhepunkt vor der Tür – wie gehen die Athleten damit um?
Es darf nicht sein, dass die Tournee einen zusätzlichen Druck ausübt. Es muss für die Burschen eine Freude sein, vor so einer Kulisse springen zu dürfen. Außerdem gibt es nach den bisherigen Leistungen sowieso keinen hohen Erwartungsdruck. Jetzt ist wichtig, dass sie keine Angst vor den nächsten Herausforderungen haben. Sie müssen nach vorne schauen und sich darauf freuen. Sie müssen wieder lernen, für den Erfolg zu springen – und nicht gegen den Misserfolg.

Gregor Schlierenzauer ist nach Nischni Tagil aus dem Weltcup ausgestiegen – kehrt er bei der Tournee wieder zurück?
Das kann ich jetzt noch nicht sagen. Gregors Pause ist auf unbestimmte Zeit. Er ist im Moment nicht konkurrenzfähig, seine bisherigen positiven Ergebnisse waren Zufallstreffer. Er soll erst dann wieder zurückkehren, wenn er das Gefühl hat, dass sein System funktioniert. Wir geben ihm auf alle Fälle die nötige Zeit dafür.

Man sagt, Schlierenzauer würde sich mit seinem ausgeprägten Perfektionismus selbst im Weg stehen.
Skispringer haben immer ihren eigenen Kopf. Aber es ist schwierig, wenn er es nicht schafft, etwas Neues zuzulassen. Er hat es versucht, doch es ist ihm bislang nicht gelungen. Aber die Zeiten ändern sich – das Material, die Technik. Da darf man nicht zu lange auf den alten Werten hängen bleiben. Das ist nicht nur im Skispringen so, sondern in jeder Sportart. Zum Beispiel Kamil Stoch: In der Saison nach seinem Doppel-Olympiasieg 2014 wurde er im Gesamtweltcup nur 22. Dann ist er hergegangen und hat sein komplettes System umgestellt und adaptiert. Sein heutiger Sprung hat technisch gesehen mit dem von 2014 nichts mehr zu tun. Und trotzdem ist er wieder extrem erfolgreich.

Heißt das, dass Schlierenzauer die Entwicklung verschlafen hat?
Sagen wir so: Er hat es ein bisschen übersehen. Aber man darf bei ihm die Hoffnung nie aufgeben. Er ist nach wie vor ein ausgezeichneter Skispringer und hat die Qualität, auch diese schwere Hürde zu nehmen.

Wie wird das Programm nach Engelberg aussehen?
Zuerst machen wir zwei Tage Pause, dann gibt es noch einmal ein dreitägiges Sprungtraining. Die Frage ist nur, wo. Es ist eine Frage des Schnees. Aber ich hoffe, dass sie für uns noch die Schanze am Bergisel präparieren können. Dort wollen ja auch noch andere Teams trainieren.

Ihr Vorgänger Heinz Kuttin hat einmal geklagt, dass es in Österreich wegen mangelhafter Präparierungen nicht so viele Trainingsmöglichkeiten gebe, wie sie andere Nationen vorfinden.
Ich kann nur sagen, dass Seefeld und Ramsau neben Zakopane heuer die ersten Schanzen in Mitteleuropa waren, auf denen man springen konnte. Aber unser Problem sind nicht die Trainingsmöglichkeiten, sondern mit welcher Motivation und Sicherheit die Athleten an die Sache herangehen. Keine Frage, wir haben derzeit einen Hänger. Doch den hatten wir auch bereits im vergangenen Jahr. Im österreichischen Team vollzieht sich gerade ein Generationenwechsel – die goldene Ära ist vorbei. Nun gilt es, die Jungen behutsam an die Weltspitze heranzuführen. Aber da muss man natürlich geduldig sein.

Apropos Generationenwechsel – wie ist die aktuelle Situation bei Andreas Kofler?
Nachdem er 2017 gesundheitliche Probleme hatte, hat er sich wieder zurückgekämpft, doch hat es zu Beginn der Saison nicht für das Weltcupteam gereicht. Er versucht jetzt, sich über den Kontinentalcup hochzuarbeiten – der WM-Zug ist noch lange nicht abgefahren.