Vor dem jährlichen Speed-Auftakt werden Österreichs schnellste Skifahrer zuletzt immer daran erinnert, wie lange die letzten Weltcupkugeln her sind. 2008 gewann Hannes Reichelt die Super-G-Wertung, 2012 Klaus Kröll jene in der Abfahrt. Ersterer ist mit seinen 40 Jahren immer noch mit dabei, nach einem Kreuzbandriss lastet auf ihm aber am wenigsten Druck. Vincent Kriechmayr und Matthias Mayer indes hoffen, gleich an diesem Wochenende in Val d'Isere vorne mit dabei zu sein.

Motivierte Vorfreude bei Speed-Assen

"Endlich geht's los", lautet der einhellige Tenor in Österreichs Speedlager. Normalerweise starten die Herren Ende November in Lake Louise in die Saison, coronabedingt wurden die Überseerennen heuer nicht angesetzt. Wegen der Wettervorhersagen wurde das Programm in Savoyen gedreht, los geht es mit dem Super-G am Samstag, es folgt die Abfahrt am Sonntag (jeweils 10.30/live ORF 1). Mit Gröden und Bormio sind vor dem Jahreswechsel noch zwei weitere Speed-Rennblöcke angesetzt.

Den Start nicht zu verschlafen, wird in diesem Winter vielleicht noch wichtiger sein als sonst. Zur Erinnerung: Im März war nach der Absage des Super-G in Kvitjell wegen Schlechtwetters und dem Ausfall der Finalwoche in Cortina d'Ampezzo wegen der Corona-Pandemie die Saison plötzlich zu Ende gewesen. Der Schweizer Mauro Caviezel gewann mit drei Punkten Vorsprung auf den Oberösterreicher Kriechmayr die Super-G-Kugel. Das Abfahrts-Kristall war überlegen an dessen Landsmann Beat Feuz gegangen. Weil auch das Kranjska-Gora-Wochenende abgesagt wurde, durfte sich der Norweger Aleksander Aamodt Kilde erstmals Gewinner des Gesamtweltcups nennen.

Ein guter Start ist Pflicht

"Von Beginn an vorne dabei sein, dann werden wir sicher um eine Kugel mitfahren", beantwortete Speed-Chef Sepp Brunner die Frage nach der Kristall-Marschroute. "So viele Punkte wie möglich gleich am Anfang einfahren. Ich glaube, das ist heuer sehr, sehr wichtig, denn es kann viel passieren in der Saison. Und es ist auch sehr wichtig, dass wir gesund bleiben. Dass wir nicht was einfangen und einer mal steht, dann haben wir ein Problem." Sein Team mit Kriechmayr, Mayer, Reichelt und Daniel Danklmaier blieb von Covid-19 noch verschont, die Gruppe, der Max Franz angehört, jedoch nicht.

Zwölf Stockerlplätze gab es vergangene Saison für Österreich in den beiden Speeddisziplinen, alle gingen auf das Konto von zwei Athleten. Als Sieger trug sich Mayer bei den Abfahrten in Kitzbühel und Kvitfjell sowie dem Super-G von Lake Louise ein, Kriechmayr schlug in den Super-G in Gröden und Hinterstoder zu. Damit wurde das jeweils letzte Rennen der beiden Disziplinen im Winter 2019/20 von Österreichern gewonnen.

Brunner sieht Österreichs Speedmannschaft auch hinter den Topleuten heuer insgesamt besser aufgestellt, er habe im Training gesehen, dass man mehr zusammengerückt und an das Duo herangekommen sei. Den Frankreich-Rennen blickt Brunner jedenfalls zuversichtlich entgegen: "Das ist eine Abfahrt, die uns liegt, es sind ein paar technische Elemente drinnen."

Nicht zu viel an Kristall denken

Kriechmayr will versuchen, weniger die Kugel im Kopf zu haben, sondern sich vielmehr von Rennen zu Rennen zu steigern. Nach einem Materialwechsel ist er gespannt, wie er das bereits Angeeignete und die neuen Erfahrungen umsetzen wird. "Bis jetzt bin ich mal sehr zufrieden." Die Abfahrt sei nicht so spektakulär wie manch andere, aber deshalb nicht weniger schwierig. Er hat als einziger der ÖSV-Athleten in Val d'Isere bereits alle vier Weltcup-Saisonrennen bestritten, um in einen Rennrhythmus zu kommen.

"Ich freue mich wirklich, dass es los geht. Zwei Minuten gescheite Belastung bekommen wir im Training einfach nicht zusammen", sagte Mayer. Als "vielleicht nicht das Schwierigste, aber eine lässige Abfahrt" bezeichnete er die "O.K."-Piste. Vor vier Jahren waren die Herren das letzte Mal auf dieser Strecke, damals zog der ÖSV mit den enttäuschenden Abfahrts-Platzierungen 17 für Mayer und 18 für Kriechmayr wieder von dannen, im Super-G war Franz Zehnter.

"Interessant ist, dass wir nicht jedes Jahr hier sind und es für jeden immer ein bisserl was Neues ist. Das Gelände verändert sich leicht. Die Abfahrt ist relativ technisch, aber im oberen Teil auch sehr flach und hat gute Gleitpassagen. Sie hat alles drinnen. Das ist ein ganz guter Start für alle", glaubt Mayer. Dass der Super-G vor der Abfahrt ausgetragen wird, macht für den Doppel-Olympiasieger keinen Unterschied. "Wichtig sind zwei gute Rennen." Was die überfällige Speed-Kugel betreffe, sei man auf dem besten Weg dorthin. "Es war immer schon das Ziel, das wird es auch heuer sein."

Die Rückkehrer als heiße Eisen

Reichelt hatte sich Ende Dezember in der Abfahrt von Bormio sein Knie zerstört. Er hofft mit den Rennen in Schwung zu kommen. "Ich muss mich hintasten. Ich weiß, dass einiges zu tun ist, dass ich besser werden muss." Auch habe er festgestellt, dass der Kopf eine Rolle spiele, wenn er in Grenzsituationen komme. Er fange zum Nachdenken an, das heiße es zu bewältigen. "Da heißt es, wieder cooler zu werden", stellte der Salzburger fest.

Ebenfalls sein Comeback gibt der Südtiroler Dominik Paris, der sich in absoluter Topform im Jänner beim Super-G-Training in Kirchberg vor den Hahnenkammrennen das Kreuzband riss. Es fehlt nach einer Hüftoperation Thomas Dreßen, der Deutsche war im vergangenem Winter hinter Feuz und vor Mayer der zweitbeste Abfahrer.