In Acapulco flegelte Alexander Zverev nach einem verlorenen Doppel wegen eines strittigen Balls zuerst den Referee an und drosch dann mehrfach mit seinem Schläger auf den Schiedsrichterstuhl ein. Es folgte ein Ausschluss aus dem Turnier sowie eine achtwöchige Sperre und 25.000 Dollar Strafe – beides jedoch auf Bewährung. In Indian Wells feuerte Tennis-Rüpel Nick Kyrgios nach dem verlorenen Match gegen Rafael Nadal sein Arbeitsgerät Richtung Plane und verfehlte dabei ein Ballkind nur um Millimeter. Der Vorfall blieb ungeahndet. In Miami traf das fliegende Racket von Jenson Brooksby hingegen einen Balljungen am Fuß – die milde Strafe für den Amerikaner: Ein Punkt Abzug.

Während der ehemalige Weltranglistenerste Andy Roddick die Vorfälle zum Anlass nahm, seinen Ex-Kollegen in einem Video auf humorige Art zu erklären, wie man richtig einen Schläger wirft oder Bälle wegdrischt, ohne dabei jemanden zu verletzen, ist sich die ATP der Ernsthaftigkeit der Problematik voll bewusst. Und sie wird auch darauf reagieren.

„Ich war gerade bei einem Meeting in Miami und dort haben wir uns intensiv mit diesem Thema auseinandergesetzt“, sagt der Grazer Herwig Straka, einer der drei ATP-Board-Direktoren. Das Fazit: „Bei den Vorfällen handelt es sich zwar um eine Anhäufung von unglücklichen Umständen, doch ist es unser Plan, spätestens in sechs Monaten ein unabhängiges, externes Tennis-Gericht zu installieren, das die ATP, WTA und ITF vereint.“ In Sachen Strafen soll es dann bei besonders schwerwiegenden Fällen so weit gehen, „dass ein Spieler für mehrere Turniere suspendiert werden kann. Das Ganze soll ja auch eine abschreckende Wirkung haben.“

Der Grund, warum man alle Spielervereinigungen diesbezüglich unter einen Hut bringen will: „Es macht wenig Sinn, wenn ein Spieler von der ATP knapp vor den French Open für mehrere Turniere gesperrt wird, und er dann in Roland Garros, das zur ITF zählt, spielen kann“, erklärt Straka. Derzeit gibt es bei der ATP nur eine einzige Person, den „Rules Officer“, der sich mit den Strafen auseinandersetzt und sie auch ausspricht. „Im Fall von Zverev war es die Höchststrafe. Und dennoch haben viele gemeint, dass es zu wenig gewesen sei“, sagt Straka.

Dem Grazer ist aber auch bewusst, dass man bei den Strafen Fingerspitzengefühl haben und ein gutes Mittelmaß finden muss – auch die Schiedsrichter auf dem Platz. „Die Regeln sind mitunter streng. Als Kyrgios in Indian Wells gegen Nadal gespielt hat, hatte er im ersten Satz wegen einer Nichtigkeit eine Verwarnung bekommen. Beim Satzball erhielt er dann die Zweite, damit einen Punkteabzug und verlor den Satz. Das ist dann schon übertrieben.“

Auch die Veranstalter würden damit bestraft werden

Ob es künftig tatsächlich zu Suspendierungen kommen wird, wird man sehen. Laut Straka hat es eine solche in der Geschichte der ATP noch nie gegeben. Und man werde natürlich auch vorsichtig damit umgehen. „Denn es wäre dann auch so, dass man ja nicht nur den Spieler, sondern auch die Turniere, wo der Spieler dann nicht antreten kann, damit bestraft. Im Falle eines Nadal wäre das für den Veranstalter ein schmerzhafter Verlust“, weiß Straka, seines Zeichens ja auch Turnierdirektor der Erste Bank Open in Wien.

Apropos Strafen: Enfant terrible Kyrgios sammelt diese auf dem Platz wie andere Punkte. Ob der Australier für die ATP Fluch oder Segen sei? „Er ist beides. Auf der einen Seite ist er mit seiner Art und seinem Spiel ein Ticketseller und spricht neue Zielgruppen an. Auf der anderen Seite überschreitet er Grenzen und verhält sich arrogant gegenüber anderen Spielern. Dem muss man Einhalt gebieten.