Ein Paris-Finale ohne Rafael Nadal ist wie Wilhelm Buschs Max ohne seinen Moritz. Seit über 15 Jahren drückt der „Matador aus Manacor“ der Sandkiste im Bois de Boulogne seinen einzigartigen Stempel auf. Gleich in seinem Debütjahr 2005 konnte der mittlerweile 34-Jährige das erste Mal im Stade Roland Garros triumphieren, seitdem trug sich der Mallorquiner 13 Mal in die Siegerliste des bedeutendsten Sandplatzturniers der Welt ein.

Ebenso beeindruckend: Bisher absolvierte Nadal 102 Matches in der „Stadt der Liebe“ und kassierte dabei nur zweimal „Hiebe“. 2009 patzte der König von Paris überraschend im Achtelfinale gegen Robin Söderling (und eröffnete damit Roger Federer den Weg zu seinem ersten und einzigen French-Open-Titel), 2015 stolperte er im Viertelfinale über Novak Djokovic. Der Serbe verlor jedoch das Endspiel gegen Stan Wawrinka. Den dritten Paris-Sieger seit 2005, der nicht Nadal hieß, gab es im Jahr darauf, als der mittlerweile 20-fache Grand-Slam-Triumphator vor seinem Drittrundenspiel wegen einer Handgelenksverletzung passen musste. Nutznießer war damals Djokovic, der wie Federer die Chance zu seinem bis dato einzigen Triumph an der Seine nützte.

Der Favorit bei den heute startenden French Open heißt – richtig – Rafael Nadal. Auch, wenn „Rafa“ bei den Masters-Turnieren in Monte Carlo und Madrid (Endstation jeweils im Viertelfinale) ungewohnte Schwächen zeigte, schoss er sich mit dem Triumph in Rom (sein Zehnter in der Ewigen Stadt) für Paris warm. Dort ist der Ausnahmekönner, der gegen den Australier Alex Popyrin startet, heuer nur auf Position drei gesetzt. Dies hat zur Folge, dass Nadal bereits im Halbfinale auf den topgesetzten Djokovic treffen könnte. Läuft alles normal, kann man nur sagen: Pech für den „Djoker“. Auch wenn dieser gestern mit dem Titel in Belgrad (6:3, 6:4 im Finale über Alex Molcan) eine gelungene Paris-Generalprobe ablieferte.

Obwohl, Nadal, dem auf der Anlage von Roland Garros im „Garten der Musketiere“ eine drei Meter hohe und fast fünf Meter breite Statue als Denkmal gesetzt wurde, hält den Ball vor dem ersten Aufschlag flach und will von einer Selbstverständlichkeit hinsichtlich Titel Nummer 14 nichts hören. Im Gegenteil, der Druck, der auf ihm laste, sei so hoch wie selten zuvor. Aber: „An dem Tag, an dem ich keinen Druck mehr spüre, wird es Zeit, in Rente zu gehen. Ohne diese Art von Emotionen ist es für mich schwierig, auf meinem besten Niveau zu spielen“, sagt der Iberer, der kommenden Donnerstag seinen bereits 35. Geburtstag feiert.

Schon oft geschrieben, aber immer wieder wert, es zu betonen, ist die beachtliche Tatsache, dass sich Nadal so lange auf der Tour halten kann. Unzählige Male wurde ihm aufgrund seines „körperfeindlichen“ Spielstils ein frühes Ende seiner Karriere prognostiziert. Nun greift er in seinem Pariser Wohnzimmer aber nach seinem 21. Grand-Slam-Titel, womit er Federer abschütteln würde und alleiniger Rekordhalter wäre.

Ob es für einen Allzeit-Rekord reichen würde, bleibt abzuwarten. Federer liebäugelt noch mit der Chance, in Wimbledon seine 21. Trophäe erobern zu können. Djokovic hält derweilen „erst“ bei 18, hat aber den Vorteil, ein Jahr jüngerer als Nadal zu sein und damit noch mehr Zeit zur Verfügung zu haben. Wer das Rennen am Ende machen wird, steht in den Sternen. Doch nach dem Paris-Finale am 13. Juni wissen wir ein klein wenig mehr.