Zwei der "big three" im Herren-Tennis haben das von vielen erhoffte Semifinale der Australian Open erreicht und es kommt am Donnerstag zum Halbfinal-Hit: Titelverteidiger Novak Djokovic hatte am Dienstag gegen den Kanadier Milos Raonic 6:4,6:3,7:6(1) aber weit weniger Mühe als Roger Federer. Der Schweizer kam erst nach Abwehr von sieben Matchbällen gegen Tennys Sandgren (USA) weiter.

Djokovic trifft nun am Donnerstag zum bereits 50. Mal (!) auf Federer. Im Head-to-Head führt der 32-jährige Serbe mit 26:23, das bisher letzte Aufeinandertreffen hat aber der fast sechs Jahre ältere Federer gefeiert.

"Ich hoffe, dass ich zumindest einen Matchball bekomme", scherzte Djokovic, auf den zuvor gesehenen Krimi Federers angesprochen. "Ich habe großen Respekt vor allem, was er erreicht hat. Er ist einer meiner zwei größten Rivalen. Matches gegen Roger und Rafa (Nadal) haben mich zu dem Spieler gemacht, der ich heute bin, möge der Bessere gewinnen", sagte Djokovic.

Gegen Raonic habe er sich sehr gut gefühlt, wie erwartet seien der Return sowie sein eigenes Services die Schlüssel gewesen. Mit einem "perfekten Tiebreak" vermied der "Djoker" eine Verlängerung und zog in sein bereits 37. Grand-Slam-Halbfinale ein.

Für Federer ist es schon sein 46., doch er stand gegen den Weltranglisten-100. und Überraschungsmann Tennys Sandgren schon mit eineinhalb Beinen im Aus. Federer zog damit schon zum zweiten Mal im Verlauf des Turniers den Kopf aus der Schlinge. Gegen John Millman hatte er in der dritten Runde bei 4:8 im Match-Tiebreak des fünften Satzes ebenfalls schon wie der Verlierer ausgesehen. "Ich hatte heute unglaublich viel Glück. Bei sieben Matchbällen hat man es nicht mehr unter Kontrolle. Ich habe diesen Sieg nicht verdient, aber ich stehe immer noch hier und bin sehr, sehr glücklich", sagte Federer erleichtert.

Nach gewonnenem ersten Satz erhöhte sich bei Federer einerseits die Fehlerquote, während Sandgren sein Level steigerte. In seinem insgesamt zweiten Melbourne-Viertelfinale nach 2018 glich der US-Amerikaner nach Sätzen aus. Im dritten Satz schien sich das Blatt gegen den Schweizer zu wenden. Nach einem frühen Serviceverlust wurde er gar wegen obszöner Sprache von der weiblichen Schiedsrichterin verwarnt, was Federer sehr selten passiert ("das war ein bisschen hart"). Dann musste er wegen Leistenproblemen eine medizinische Auszeit nehmen und konnte sein Top-Level nicht bieten.

Irgendwie schaffte es Federer aber, im vierten Satz bei 4:5 zunächst drei und dann im Tiebreak sogar weitere vier Matchbälle abzuwehren. Jedesmal konnte man das Publikum im Stadion förmlich durchatmen hören. "Die Auslosung wird nicht einfacher. Wenn man so glücklich entkommt, kann man ohne Erwartungen spielen, weil du weißt, du könntest jetzt auch schon in der Schweiz Skilaufen sein", sagte ein wie immer sehr reflektierter Federer. "Ich hoffe, ich fühle mich in zwei Tagen besser als heute, sonst gehe ich wirklich Skilaufen."

Und bei den Damen?

Bei den Damen hatten sich schon weit früher die ersten beiden Spielerinnen für die Vorschlussrunde qualifiziert. Lokalmatadorin und Nummer eins, Ashleigh Barty, besiegte unter dem Jubel ihre Landsleute Petra Kvitova (CZE-7) 7:6(2),6:2 und Sofia Kenin (USA-14) beendete mit 6:4,6:4 den Erfolgslauf der Tunesierin Ons Jabeur. Barty fehlen nur noch zwei Siege zum ersten Heimtriumph einer Australierin seit Chris O'Neill 1978.

Schon jetzt ist sie die erste Australierin seit 1984 (Wendy Turnbull) im Halbfinale des "Happy Slam". Die French-Open-Siegerin steuert auf ihren zweiten Major-Titel zu, Kenin steht erstmals im Semifinale eines Majors.

Barty hatte nach den US Open 2014 eine Auszeit vom Tennis genommen, weil ihr die Strapazen zu viel waren und ihr der Sport keinen Spaß mehr machte. Sie spielte unter anderem Cricket, ehe sie 2016 ihr WTA-Tour-Comeback gab. Und auch wenn sie ihren Lauf genießt: Auf das Tohuwabohu um ihre Person könnte sie gerne verzichten. "Ich würde lieber daheim sitzen und mein ruhiges, kleines Leben genießen. Seid mir nicht böse, aber es wäre ziemlich gut, wenn ich nicht jeden Tag mit euch reden müsste", sagte die ehrliche Barty zu den Journalisten. "Doch dies ist Teil der Reise, die ich hasse und auch liebe."