Durchwachsen? "Nein, eigentlich war's ein Schmarren!" Profigolfer Bernd Wiesberger ist beim Blick auf seine bisherige Saison selbstkritisch. Österreichs achtfacher Sieger auf der Europa-Tour hat schwierige Monate hinter sich. Dazu kamen Irritation nach seinem Antreten auf der umstrittenen neuen LIV-Tour. Wiesberger hofft auf eine Einigung und tritt diese Woche wie Sepp Straka bei den 150. British Open an. Und das erstmals mit einem so genannten Broomstick-Putter.

Der lange "Besenstiel"

Diese "Besenstiele" sind deutlich länger als herkömmliche Putter, den Schlägern für das Spiel auf den Grüns. Der Wechsel auf das neue Gerät war Wiesbergers Reaktion auf mentale Probleme rund um das und auf dem Grün. "Da war schon ziemlich lange eine Verunsicherung da. Aber es dauert halt immer einige Zeit bis du dir eingestehst, dass du ein Problem hast", erklärt der 36-jährige Burgenländer. Bernhard Langer hat den "Broomstick" bekannt gemacht, heutzutage nutzen auch Adam Scott oder Charl Schwartzel den langen Putter.

Super Golf League "LIV"

Das Nummer-1-Thema derzeit im Weltgolf ist aber die von Greg Norman vorangetriebene und von einem Saudi-Staatsfonds finanzierte Super Golf League "LIV" (steht für 54, die Zahl der auf drei Runden gespielten Löcher), die Profis mit Millionen von der DP World- sowie US-PGA-Tour anlockt. Dort reagierte man zunächst mit Strafen und Sperren für abtrünnige Spieler, musste aber auch schon wieder zurückrudern.

120.000 Dollar fix

Er habe nach Betrachtung seiner aktuellen und zukünftigen Positionierung in der Golfwelt beschlossen, Teil des exklusiven Tourfeldes zu sein, erklärte Wiesberger vor den "Open". Auf seine Anfrage um Freigabe habe es aber nicht einmal eine Reaktion gegeben. Die Teilnahme an der LIV ist äußerst attraktiv. Im ersten Jahr stehen sieben mit 25 Mio. Dollar dotierte Turniere sowie ein doppelt so hoch dotiertes Finale auf dem Programm. Weil es keinen Cut gibt, nimmt jeder Teilnehmer pro Event zumindest 120.000 Dollar fix mit. Schwartzel, Sieger des ersten Events in London, sackte satte 4,75 Mio. Dollar ein.

Neuland

"Natürlich sind durch die neue Tour viele Menschen vor den Kopf gestoßen worden, und auch für die Spieler ist es Neuland, mit dem man sich erst identifizieren muss", ist sich Wiesberger der neuen und attraktiven Spielmöglichkeiten bewusst. Für viele Golfprofis, wie er selbst allesamt Einzelunternehmer, sei die neue Tour aber auch eine einzigartige Chance und Ergänzung zu den traditionellen Touren. "Als Sportler und Geschäftsmann muss man seine Entscheidungen treffen. Das ist im Profifußball nicht anders."

LIV-Golf sorgte auf jeden Fall sofort für eine gewaltigen Ruck in der Szene. Überall werden gerade die Preisgelder angehoben, so auch um 22 Prozent bei den Open in St. Andrews auf 22 Millionen. Die PGA erhöhte ihre Anteile an der DP World Tour und will künftig den Top Ten des Race to Dubai sogar Startplätze in Amerika geben.

Weiteres Ausdünnen

"Schon verwunderlich, wie schnell und was alles geht, sobald Konkurrenz da ist", staunt auch Wiesberger, der stets ein leidenschaftliches Mitglied der Europa-Tour und einige Jahre auch im Players Board war. Die Top Ten mit PGA-Karten auszustatten, würde die Europa-Tour eher noch weiter ausdünnen, sorgt sich der Burgenländer daher.

Wiesberger bestreitet den finanziellen Anreiz der LIV keineswegs, würde trotzdem aber auch auf der DP World Tour spielen und hätte sich zu weit mehr Teilnahmen als die vorgeschriebene Anzahl an Turnieren verpflichtet. Deshalb hofft er, "dass die Kommunikationsfelder offen bleiben, es zu einem Konsens kommt und die Touren koexistieren können. Denn eine Schlammschlacht bringt am Ende keinem etwas."

"Home of Golf"

Die weitere Saison-Planung ist bei Wiesberger unklar, es stehen weitere Strafen und Sperren im Raum. Alles Dinge, die belasten und ablenken. "Gut, dass ich mich jetzt ganz auf St. Andrews freuen kann", blickte Wiesberger deshalb lieber dem dritten Saison-Major, bei dem 290.000 Besucher im schottischen "Home of Golf" erwartet werden, entgegen.

Mithelfen soll dort der neue Langstiel-Putter, der vielfach auch bei der Golfer-Krankheit "Yps" (Zucken) eingesetzt wird. "Es erfordert eine komplette Umstellung der Technik. Aber mit dem neuen Schläger bin ich schon auf dem Weg zum Grün entspannter", so Wiesberger. Zuletzt sei er nicht wirklich kompetitiv gewesen. "Den Kurs in St. Andrews kenne ich aber sehr gut, fühle mich extrem wohl im Wind und weiß, was mich erwartet." Links-Golf habe aber stets seine eigenen Regeln. "Und in einer Major-Woche kann sowieso immer alles passieren."

250.000 Euro in Niederösterreich

Ebenfalls diese Woche findet diese Woche mit den Euram Bank Open im Adamstal das heuer neben der Legends-Tour am Murhof höchstdotierte Profiturnier der Europa-Tour in Österreich statt. Das Preisgeld für den Challenger in Niederösterreich wurde nämlich auf 250.000 Euro angehoben. Größte heimische Hoffnung ist der Steirer Niklas Regner.