Herr Trost, was haben Sie am Sonntagvormittag im Fernsehen angeschaut?
HANS PETER TROST: Ich habe geswitcht. Zuerst bei uns Skifahren, dann habe ich zum Finale von Dominic Thiem auf Servus TV umgeschaltet.

Das musste dem ORF-Sportchef doch Schmerzen bereiten.
TROST: Natürlich tut es weh und natürlich würden wir gerne alles zeigen. Aber wir haben auch laufende Verträge mit Sendeverpflichtungen wie beim Skifahren, bei den Nordischen oder der Formel 1. Auch Tennis gilt laut ORF-Gesetz ab einem gewissen Level, also etwa ab einem großen Viertel- oder Halbfinale, als Premium-Sport und kann dann nicht mehr auf Sport+ übertragen werden. Dann müssten wir auch ORF 2 mit Sport bespielen und wären erst recht wieder in der Kritik, dass wir nur Sport bringen. Laut ORF-Gesetz dürfen wir nichts kaufen, was wir dann nicht auch bringen.

Für die French Open hat der ORF die Rechte bis 2021, für die US Open oder das ATP-Turnier in Wien sind die Verträge ausgelaufen. Wie teuer sind solche Gebühren?
TROST: Über Vertragssummen ist in den Verträgen immer Stillschweigen vereinbart, der Vertragspartner will nicht, dass Vergleiche mit anderen Lizenznehmern öffentlich werden. Die Rechte für die US Open hat Servus TV gekauft, beim Wiener Turnier ist alles offen, Davis Cup schauen wir uns an. Manche Preissteigerungen sind aber nicht mehr nachvollziehbar und dann wird es für uns als Gebührensender fraglich: Ist noch ein sorgsamer Umgang mit Gebührengeldern argumentierbar und können wir uns das leisten?

Preissteigerungen wie jene, dass Magenta TV in Deutschland 240 Millionen Euro für die Fußball-EM 2024 zahlt, während ARD und ZDF die Rechte an der Fußball-EM 2020 noch für 140 Millionen erhielten?
TROST: Die Zahlen will ich nicht kommentieren, aber ja, genau darum geht es. Es geht aber auch um die Frage des Journalismus, wenn Magenta, Amazon oder wie sie alle heißen, Rechte kaufen, aber keine geistige Redaktion dahinter haben. Da wird es dann auch für den Sportjournalismus irgendwann eng.

Weil?
TROST: Bei Verbänden und Vereinen arbeiten immer mehr Journalisten, die Öffentlichkeitsarbeit machen. In England sagen sie: Die Interviews machen wir selbst und verbreiten sie auf unseren Kanälen. Kritischer Journalismus ist nicht mehr Teil der Inszenierung. Auch dann, wenn ein Sponsor von Dominic Thiem (Kia, Anm.) die Spiele live auf der Homepage streamt.

Der ORF Sport verfügt über ein Budget von rund 80 Millionen Euro – und hat eigentlich wie viele Mitarbeiter?
TROST: Von diesen 80 Millionen beträgt der Lizenzanteil 60 Millionen – Fußball-EM und Olympische Spiele inbegriffen. Die Redaktion besteht aus 105 Mitarbeitern, davon sind 45 Journalisten – und die sind für 3000 Stunden Sport im Einser und 365 Tage Sport+ rund um die Uhr zuständig. Was uns von Privatsendern auch unterscheidet: Sie berichten über vielleicht fünf Sportarten, wir über 70.

Angenommen, Sie würden die 60 Millionen in ein Lizenzprodukt stecken: Was wäre das?
TROST: Manche Dinge könnten wir als Öffentlich-Rechtliche gar nicht kaufen, das wird nur hinter einer Paywall angeboten. Aber nehmen wir die Premier League: Für ein Spitzenspiel würde man ein paar 100.000 Euro pro Match zahlen, damit kann man auch die komplette 2. Fußballliga produzieren. Oder Super Bowl. Da muss man sich fragen, ob man US-amerikanische Spitzenprofis zeigt oder ehrgeizige österreichische Amateure im Austrian Bowl. Da haben zuletzt 40.000 zugeschaut (den Super Bowl sahen im Schnitt 80.000 auf Puls 4, Anm. der Redaktion). Unsere Aufgabe ist doch eher, dabei zu helfen, Frauen-Fußball, Handball, Basketball und alles andere, was sich in Österreich abspielt, zu entwickeln.

Warum bringen Sie dann die Formel 1, die im deutschen Sprachraum ohnehin allgegenwärtig ist?
TROST: Weil sie funktioniert. Da schauen am Nachmittag zwischen 500.000 und 700.000 Menschen zu, obwohl kein Österreicher mitfährt. Österreich ist in Relation zur Einwohnerzahl weltweit Marktführer, was die Zuschauerzahlen betrifft. Der Vertrag läuft noch dieses Jahr.

Thema Eishockey: Da springt Servus TV nach dieser Saison ab.
TROST: Wir sind sehr interessiert und haben der Liga ein Angebot gemacht. Wir wollen grundsätzlich dabei sein, eventuell mit einem Spiel pro Runde. Vielleicht geht sich in dieser Saison noch das eine oder andere Play-off- oder Finalspiel aus. Mal sehen.

Und internationaler Fußball?
TROST: Bei der Champions League haben wir nicht mitgeboten, bei dieser Preisentwicklung können wir nicht mitgehen. Bei der Europa League sollte es nächste Woche das Ergebnis des Bieterverfahrens geben. Ich bin sehr positiv gestimmt.

Letzte Frage, natürlich etwas scherzhaft: Warum erteilen Sie Ihrem Moderator Rainer Pariasek kein Englisch-Sprechverbot?
TROST: Da bin ich milde gestimmt, auch wenn ein Versprecher wie der mit dem McDempsey in den sozialen Netzwerken durch die Decke geht. Er steht sehr viel und sehr lange vor der Kamera und macht alles autark. Dass da Fehler passieren, ist normal. Sie werden aber auch nachbesprochen. Gott sei Dank sind wir keine Herzchirurgen, dass ein Leben davon abhängt. Wir machen auch regelmäßig Umfragen mit einem hohen Sample – in denen ist Rainer Pariasek von der Popularität her vorne dabei.