Sie haben Ihre Karriere 2016 in der deutschen Formel 4 begonnen. Es ging nahtlos in die Formel 3 – bis zum schweren Unfall in Macao 2018. Dann mussten Sie einmal eine Pause einlegen. Haben Sie alles überstanden oder spüren Sie noch irgendwelche Nachwehen?
SOPHIA FLÖRSCH: Grundsätzlich will ja jeder Rennfahrer nach einem Unfall gleich wieder fahren. Ich durfte das halt eine Zeit lang nicht. Die Knochenbrüche mussten einmal heilen. Aber als ich wieder fahren durfte, bin ich natürlich sofort wieder ins Auto gehüpft. Es gab nie Bedenken oder gar Ängste. Nein, es hat sich nichts geändert im Vergleich zu vorher.

So eine Zwangspause will also jede Fahrerin am liebsten überspringen?
Ja, natürlich. Ich habe auch alles probiert, um den Heilprozess zu beschleunigen. Das hat ganz gut funktioniert. Es begann mit Muskelaufbau und nach knapp 100 Tagen war es soweit.

Dafür gab es auch einen Laureus Sport Award für das Comeback des Jahres?
Richtig, das hat mir sehr viel bedeutet. Allein für einen Laureus Sport Award nominiert zu werden, ist enorm. Dann den Preis auch noch zu gewinnen, die Trophäe überreicht zu bekommen, auf der Tribünen seine Story zu erzählen und diesen Abend erleben zu dürfen mit so vielen Sportlern, die man sonst nur im Fernsehen sieht, war sehr bewegend, einfach unvergesslich.

Sie sind derzeit in der neuen DTM engagiert – im Audi-Team von ABT. Wie geht es Ihnen in dieser doch nicht so einfachen Rennserie?
Ich denke, da gibt es noch viel Luft nach oben, die Resultate könnten besser sein, keine Frage. Ich muss noch viel lernen. Ich habe mich in den ersten Renen entwickeln können. Vor allem die neue Technologie stellt so manche Piloten vor Probleme. Wie das neue Space Drive (siehe Kasten). Daran muss man sich erst einmal gewöhnen. Auf gewissen Strecken funktioniert es besser, auf manchen weniger. Vom Fahrerischen lerne ich Woche für Woche, im Austausch mit dem Team. Mal sehen, was die zweite Hälfte so bringt.

Ihr Teamkollege Kelvin van der Linde führt die Meisterschaft an. Sie konnten noch keine Punkte sammeln. Erzeugt das Druck?
Nun, natürlich will man immer als Erstes den Teamkollegen schlagen. Aber ich muss da schon realistisch bleiben. Kelvin fährt diese GT3-Autos seit neun Jahren. Das ist seine Heimat. Mehr zu Hause geht nicht. Ich sehe da aber schnell, was ich noch tun muss. Zehntel zu finden, ist Schwerstarbeit.

Sie kommen aus dem Formel-Rennsport, da hatten schon viele andere Fahrer beim Umstieg in einen Tourenwagen so ihre Problemzonen. Wie geht es Ihnen?
Ich war schon im Formel-Auto zu Hause. Wir haben vor allem mit den Fahrhilfen so einige Probleme. Wie mit einem ABS, das einem grundsätzlich das Fahren leichter machen soll. Macht es auch, aber es gibt keinen Unterschied mehr zwischen den Fahrern. Mit ABS steigst du voll auf die Bremse und die Software regelt den Rest. Im Formel-Rennsport ist das halt schon anders. Da macht das Bremsvermögen des Fahrers mehr aus. Das größte Problem ist das Gewicht des Autos. Da muss der Fahrstil schon angepasst werden.

Ihr zweites großes Engagement ist in der World Endurance Championship (WEC). Und da steht am Wochenende der Klassiker schlechthin auf dem Programm. Sie fahren mit drei Teamkolleginnen in Le Mans.
Darauf freue ich mich schon das gesamte Jahr. Le Mans ist so ziemlich das größte Rennen, das man fahren kann. Dazu ist die LMP2-Klasse so umkämpft wie noch nie. Wir, also Tatiana Calderon, Beitske Visser und ich, waren im Vorjahr Neunte. Das wollen wir heuer schon toppen – auf alle Fälle wieder Top Ten. Bei 24 Stunden ist das zwar schwierig, aber wir wollen es versuchen. Glück gehört da schon auch dazu.

Le Mans Ende August ist anders als Mitte Juni. Die Nacht ist länger. Wer von Euch drei Frauen ist in der Dunkelheit die beste?
Wir sind alle gut. Aber ich liebe es schon sehr, in der Nacht zu fahren. Es soll heuer auch trocken bleiben. Und dann wird das bestimmt eine sehr coole Nacht.

Warum haben Sie sich zur Formel W als Formel-Serie für Frauen kritisch geäußert?
Ich finde es gut, dass es für Frauen ein Projekt gibt, dass Frauen im Motorsport gefördert werden. Die Formel W ist meines Erachtens nur falsch aufgestellt. Sie soll helfen, eine Frau in die Formel 1 zu bekommen. Nur: Man muss im Motorsport früher oder später auch gegen Männer gewinnen. Der Motorsport ist geschlechterneutral. Es gibt keine Formel 1 für Frauen. Also muss man sich von Anfang an auch gegen Männer behaupten. Sonst wird daraus nie etwas.

Wie sehen Ihre Zukunftspläne aus?
Zuerst muss ich das heurige Jahr einmal überstehen. DTM ist eine großartige Serie mit sehr guten Fahrern. Die WEC könnte aber, vor allem mit den Hypercars, in Zukunft etwas ganz Großes werden. Die WEC wäre schon sehr aufregend.