Ganz Italien ist gedemütigt? Nicht ganz! Für einen Italiener war das Scheitern seines Landes bei der WM-Qualifikation die Conditio sine qua non, also die Grundvoraussetzung seiner Karriere, die ihn – nicht Trump, nicht Putin – nein, ihn zum momentan mächtigsten Mann der Welt machte: Massimiliano Irrati – zu Deutsch: der Unfehlbare – ein 39-jähriger Advokat aus Florenz, im Hauptberuf Fußballschiedsrichter, Arbitro di Calcio; aber nicht irgendeiner: Der Schiedsrichter der Schiedsrichter, der Videoschiedsrichter im jüngst geschaffenen Fußball-Höchstgericht!

Massimiliano Irrati sitzt in einem Büro in Moskau, schaut sich Länderspiele an, die im Schnitt 1000 Kilometer von ihm entfernt stattfinden und lässt die Pfeifenmänner nach seiner Pfeife tanzen, die neuerdings auf dem Platz mit beiden Zeigefingern Vierecke in die Luft zeichnen!

Die Spieler haben ja immer schon gebetet: Jetzt weiß man, zu wem. Der unbewegte Beweger sprüht keinen Rasierschaum aufs Gras. Er schwitzt nicht. Er keucht nicht. Er duscht nicht (jedenfalls nicht nach einem Spiel). Er ist gewissermaßen Irrati und Immobile in einem, er macht sich niemals zum Buffon (Narren), er bleibt, ein Bein locker über das andere geschlagen, sodass Pflicht und Neigung gemütlich zusammenfallen können, für die Abertausenden Irdischen auf den prächtigen Stadiontribünen von Wolgograd bis Nischni Nowgorod und von Jekaterinenburg bis Kaliningrad unsichtbar, für alle Realen virtuell, mystisch und dogmatisch, eine reine Glaubensfrage, ganz wie es einem höchsten Wesen zukommt.
Er macht seine Sache gut – wie jeder, der Superzeitlupe und x verschiedene Kameraperspektiven zur Verfügung hat, und trägt dazu bei, dass es ein wenig gerechter zugeht auf den grünen Vierecken dieser Welt!

Massimiliano war der allererste Videoschiedsrichter der WM-Geschichte bereits beim Eröffnungsspiel zwischen Russland und Saudi-Arabien sowie bei Portugal gegen Spanien, der verantwortliche Video-Schiedsrichter beim WM-Auftakt der Deutschen gegen Mexiko. Im Grunde hätte Papst Massimiliano I. das alles auch von Florenz aus erledigen können, Videogeräte und Konferenzleitungen gibt es auch am Arno.

Aber zwei Vatikane innerhalb eines Staatsgebiets, das schafft Probleme, und „Büro in Moskau“ flößt ja auch Respekt ein. Wer Weltmeister wird, kann Massimiliano I. ebenso wenig sagen, wie Franziskus I. weiß, wie die Welt ausgeht.