Das Aufeinandertreffen einer "brillante Generation", der die Krönung misslang, mit "Messias und seine Jünger", wie ein englisches Boulevardblatt schrieb, soll zumindest spannenderen Fußball bieten als das Duell vor gut zwei Wochen. Zum Abschluss der Gruppenphase trafen England und Belgien schon einmal aufeinander. Beide standen bereits als Aufsteiger fest, auf den Verlierer wartete ein vermeintlichen leichterer Weg in der K.o.-Phase. Belgiens B-Elf- besiegte Englands B-Elf schließlich mit 1:0, entging im Achtelfinale knapp einem Aus (3:2 gegen Japan) und schaltete danach Rekordweltmeister Brasilien (2:1) aus.

Hier kommen Sie zum Liveticker der Partie!

Am Samstag steht in erster Linie das Duell um den Goldenen Schuh für den besten Torschützen des Turniers im Mittelpunkt. Den wird sich aller Voraussicht nach Harry Kane holen, der den Sieg in der Torjägerliste schon vor dem Turnier als Ziel ausgegeben hat. Der englische Kapitän und Mittelstürmer führt mit sechs Treffern die Schützenliste an. Sein größter Konkurrent spielt auf der Gegenseite: Der Belgier Romelu Lukaku hält bei vier Toren. Die Franzosen Kylian Mbappe und Antoine Griezmann, die am Sonntag im Finale auf Kroatien treffen, stehen bei je drei.

"Es ist nicht das Spiel, das irgendeine Mannschaft spielen will", meinte Englands Teamchef Gareth Southgate mit Verweis auf das verlorene Halbfinale. "Aber natürlich wollen wir gewinnen." Und noch einmal beweisen, dass die "Three Lions" verdient in die Weltspitze zurückgekehrt sind. "Wir hätten das Turnier gewinnen können. Aber wenn wir es jetzt nicht mehr gewinnen können, wollen wir es wenigstens mit einem Sieg beenden", sagte Torhüter Jordan Pickford: "Wir wollen dieses Turnier mit einem Erfolgserlebnis beenden und eine schöne Erinnerung sammeln."

Wie sehr sich der englische Fußball im vergangenen Jahrzehnt entwickelt hat, zeigen am besten zwei Zitate englischer Medien. Teamchef Steve McClaren wurde nach der verpassten Qualifikation für die EM 2008 von der "Daily Mail" noch als "Trottel mit dem Regenschirm" verspottet. Gareth Southgate, schon der fünfte Nachfolger seitdem, huldigte die "Sun" am Donnerstag mit den Worten: "Der Messias mit der Anzugweste heilte unser unruhiges Volk mit seinen jungen Jüngern." Doch den Engländern steckt wie den Belgiern der Frust des bitteren Halbfinal-Aus noch deutlich in den Knochen. Dafür scheint der Antrieb der Roten Teufel größer: Sie können immerhin die Goldene Generation ihres Landes übertreffen. 1986 war das Team um Torhüter Jean-Marie Pfaff Vierter geworden. Pfaff bezeichnete die heutige dieser Tage als "brillante Generation".

"Der dritte Platz ist auf jeden Fall noch eine Motivation", versicherte Abwehrchef Vincent Kompany: "Schließlich hat Belgien das vorher noch nie erreicht." Das treibt auch Kevin De Bruyne an. "Wir wollen das schaffen, was Belgien noch nie geschafft hat", betont der 27-Jährige. Freilich mit dem Nachsatz: "Aber es ist natürlich nicht das Spiel, das wir spielen wollten. Ich hätte gerne das Finale gespielt. Doch es ist das letzte Spiel der Saison und man will immer mit einem guten Gefühl in den Urlaub gehen. Deshalb hoffe ich sehr, dass wir gewinnen werden." Auch für England, Weltmeister von 1966, macht Platz drei oder vier statistisch einen Unterschied. Nachdem die Engländer 1990 das Spiel um Platz drei verloren haben, würde die aktuelle Generation mit einem Sieg alleinig zweitbeste in der Historie des Fußball-Mutterlandes sein.

Die Fans können jedenfalls auf ein Spektakel auf dem Rasen hoffen. Die Sieger der jüngsten vier Spiele um Platz drei haben jeweils drei Tore erzielt: 2002 die Türkei, 2006 und 2010 Deutschland und 2014 die Niederlande.