Brasilien ist eine stolze Fußballnation, da gibt es kein Versteckspiel. Die personelle Geheimniskrämerei mag international mittlerweile auf fast allen Ebenen zum Standardrepertoire eines Trainers gehören, bei der „Selecao“ ist dies kein Thema. Und so wird die ansonsten wegen Aussichtslosigkeit auf eine Antwort praktisch gar nicht mehr gestellte Frage nach der Aufstellung umgehend vollständig beantwortet. „Welche Mannschaft wird einlaufen?“ Der brasilianische Teamchef Tite reagiert nicht mit Achselzucken, sondern nennt sämtliche Spieler seiner Startelf. Das macht er immer so, die Gegner sollen sich schon 24 Stunden vorher zu fürchten beginnen.

Die Namen könnten zur Annahme verleiten, dass die Brasilianer im heutigen Testmatch im Wiener Ernst-Happel-Stadion die Österreicher ernst nehmen, denn es ist das Beste, was Tite (sprich:„dschidschi“) derzeit zur Verfügung steht. Alle fitten Stars sind mit von der Partie, allen voran Neymar, der im öffentlichen Teil des Abschlusstrainings zum zentralen Objekt der Begierde der brasilianischen Medienmenge wurde.

Das sagt Pele über Neymar:

Zumindest lässt die Formation den Schluss zu, dass die Begegnung auf brasilianischer Seite als echte Generalprobe betrachtet wird. „Das Spiel gegen Österreich ist auch im Hinblick auf die Weltmeisterschaft eine echte Herausforderung“, sagt Tite, der dem rot-weiß-roten Team „viel Qualität“ zuerkennt und bei dieser Gelegenheit den 2:1-Erfolg gegen Deutschland hervorhebt.

Vergleich mit Costa Rica

Die Defensive der Österreicher sei sehr schwer zu überwinden, die Standardsituationen stuft Tite als „äußerst gefährlich“ ein, ebenso sei Marko Arnautovic jener Mann, auf den es aufzupassen gelte. „Es wird eine sehr schwierige Aufgabe, wir müssen eine sehr starke Leistung zeigen.“

Dass Österreich vom Trainerteam dann mit Costa Rica verglichen wird, irritiert zunächst. Ist die grundsätzlich friedliche Einstellung der Bevölkerung gemeint (Costa Rica hat kein Heer)? Nein, es ist doch das Spielsystem, mit dem sich die Brasilianer offenbar sehr genau auseinandergesetzt haben.

Österreich hat gegen Brasilien noch nie gewonnen, bisher gab es sechs Niederlagen und drei Unentschieden. Aber das 1:2 vor dreieinhalb Jahren, das eine neun Spiele währende Siegesserie unter Teamchef Marcel Koller beendete, kam eher unglücklich zustande. Die Österreicher legten damals einen äußerst ansprechenden Auftritt hin. Und heute? „Österreich hat sich stark verbessert“, sagt Kapitän Miranda.