70 Jahre Josef Hickersberger, wie fühlt sich das für Sie persönlich an, wie geht es Ihnen?

Josef Hickersberger: Danke der Nachfrage, es geht mir relativ gut. Ich komme mit meinen Knieproblemen ganz gut zurecht. Ich erhielt vor einem Jahr eine Knieprothese und kann mittlerweile problemlos gehen und sogar wieder mit dem Golfspielen anfangen.

Welches Handicap?

Das Handicap spielt keine Rolle mehr, weil ich keine Turniere mehr bestreite, es geht wieder von vorne los. Ich weiß nur eines, ich habe bei meinen Schlägen gewaltig an Länge verloren, aber das kann sich ja wieder bessern.

Und sonst gibt es keine Beschwerden?

Nun ja, das Problem hat sich verlagert, und zwar auf das Sprunggelenk, aber damit muss ich leben.

Wie lebte es sich früher? Sie können ja auf eine sehr bewegte Vergangenheit zurückblicken.

Ich muss sagen, die Jahre meiner aktiven Karriere als Fußballer, das war meine schönste Zeit. Sechs Jahre in der deutschen Bundesliga gespielt zu haben, vier bei Kickers Offenbach, zwei bei Fortuna Düsseldorf, das hat sich schon sehr gelohnt. Dann kam noch die WM 1978 in Argentinien, dann war bald Schluss.

Sie gehörten auch beim legendären 3:2 Österreichs gegen Deutschland zur Mannschaft. Können sie das Wort Cordoba eigentlich noch hören?

Ach Cordoba, das ist schon so lang her, 40 Jahre. Das existiert eigentlich nicht einmal mehr in der Erinnerung. Wir von der 78er-Generation haben das Match gespielt, aber intern nie darüber gesprochen, das war rasch erledigt. Aber von außen wurde man ständig damit konfrontiert.

Mit welchen Gefühlen blicken Sie auf Ihre Trainerkarriere zurück?

Was soll ich sagen. Ich erlitt den größten Misserfolg, den man sich nicht einmal vorstellen konnte. Ich habe gegen Färöer verloren. Dass es trotzdem zu einer Fortsetzung der Trainerlaufbahn kam, war aber sehr schön.

Wie haben Sie die zweite Ära als Teamchef erlebt, mit der Heim-Europameisterschaft als Höhepunkt?

Leider ist der Erfolg ausgeblieben. Ja, ich wollte unbedingt bei diesem Ereignis, der EM im eigenen Land, die Nationalmannschaft trainieren. Deshalb bin ich ja auch von Rapid weggegangen. Dass wir den Aufstieg nicht geschafft, ja nicht einmal ein Spiel gewonnen haben, das tut im Nachhinein noch immer weh.

Das ist also nicht überwunden?

Die Enttäuschung, die bleibt.

Sie sind dann in den arabischen Raum zurückgekehrt, auch um zu vergessen?

Ich muss sagen, das war eine wunderbare Zeit, vor allem bei Al Wahda in Abu Dhabi. Wir haben die Meisterschaft gewonnen, waren bei der Club-WM, da war auch Jose Mourinho mit Inter Mailand involviert. Ich erinnere mich an eine Weltreise zu einer Spielbeobachtung für die asiatische Champions League. Es war ein First-Class-Flug über Sydney nach Port Moresby, der Hauptstadt von Papua-Neuguinea. Umglaublich, ich habe wirklich viel gesehen.

Ihr Engagement in den Emiraten hat sich ja auch finanziell ausgezahlt?

Sonst wäre ich nicht hingegangen. Natürlich, ein bisschen Abenteurerlust ist schon dabei, jeder Trainer macht das nicht. Ich war in Katar, da ist dort noch lange nicht von einer WM die Rede gewesen. Ich war zweimal Teamchef in Bahrain, habe mich wirklich wohlgefühlt, es gab Erfolg, Anerkennung und die Entlohnung betrug ein Vielfaches von dem, was hierzulande gezahlt wurde. Es war eine andere Dimension.

Da ist wohl was übriggeblieben?

Ja, ich habe mir ein bissl was auf die Seite gelegt. Mit der normalen Pension hätte ich meinen Lebensstil nicht aufrecht erhalten können. Ich habe Rücklagen gebildet, von dem zehre ich jetzt.

Wie beurteilen Sie die Entwicklung des Nationalteams nach Ihrer Ära?

Dass die Mannschaft nach der tollen Qualifikation bei der Europameisterschaft gegen Teams wie Ungarn und Island nicht einmal ein Spiel gewonnen hat, war die größte Enttäuschung. Damit war nicht zu rechnen. Ich bin noch immer der Trainer, unter dem das Team zum letzten Mal ein Endrundenspiel gewonnen hat, das war 1990! Aber wir haben jetzt eine sehr gute Nationalmannschaft mit einer objektiv gesehen sehr viel höheren Qualität als zu meiner Zeit. Das ist ein Faktum. Ich hoffe, sie schafft die nächste Qualifikation.

Wie sehen Sie die Entwicklung der Salzburger? Der Aufstieg wurde in traditionellen österreichischen Kreisen wie zum Beispiel bei Rapid nicht so gern gesehen.

Ich bewundere die Art und Weise, wie sie Fußball spielen, das läuft auf einem sehr hohen Niveau ab. Für den Einzug ins Halbfinale der Europa League verdienen sie ein "Summa cum laude". Es ist großartig, was Red Bull da auf die Beine gestellt hat. Die Animositäten kann ich nicht verstehen.

Sie leben zeitweise in Spanien, an der Costa del Sol, so wie jetzt gerade. Wieviel Zeit im Jahr verbringen sie dort?

Ungefähr drei Monate, vor allem in der kühleren Jahreszeit. Wien ist aber immer noch meine erste Adresse, seit meinem 18. Lebensjahr.