Vor der Präsidiumswahl bei Rapid am Montag unterscheiden sich die Konzepte der Listenführer Martin Bruckner (Finanzchef Rapid) und Roland Schmid (Sponsor und Data-Mining-Unternehmer) auf den ersten Blick nur marginal. Oder wie es Kabarettist und Rapid-Mitglied Florian Scheuba als Interviewer fürs vereinseigene TV zusammenfassend auf den Punkt gebracht hat: „Für leiwand, gegen Oasch.“ Von einem Wettstreit der Ideen sei man weit entfernt.

Auffallend ist, dass im Zuge der ersten Kampfabstimmung in der Rapid-Historie um die Nachfolge von Michael Krammer bei vielen die Angst grassiert, sich offen zu deklarieren. Nach dem aus der Politik sattsam bekannten Motto: Nur nicht anstreifen, um auf jeden Fall auf der Seite des Siegers zu stehen. Eine klare Wahlempfehlung für die „Liste Leitbild“ von Bruckner gab hingegen die aktive Fanszene um den Block West und die Ultras ab. Das Konzept von Schmid (Liste Grün Weiß), der sein Team im Oktober mit dem des damals ebenfalls noch kandidierenden Robert Grüneis fusioniert hatte, lese sich laut einer Aussendung des Blocks West wie „eine sportwissenschaftliche Seminararbeit“.

Größter Knackpunkt für die Ultras ist jedoch die Nähe von Schmid zu Michael Tojner: Der langjährige Nachwuchssponsor und polarisierende Multiunternehmer (Montana Tech, Varta) stellte ein Investment von bis zu acht Millionen Euro für die neue Nachwuchsakademie in Aussicht. „Der Immobilienhai Tojner will seine Millionen nur locker machen, wenn er seine Liste durchsetzt“, formulierte die Fanszene („Rapid-Präsident ist das wichtigste Amt des Landes“) in einem offenen Brief ihre Ablehnung. Rapid sei nicht käuflich, ein Investor erwarte Gegenleistungen, die über Sponsoring weit hinausgehen. Dahinter steht auch die Befürchtung, man könnte den beachtlichen Einfluss im Klub verlieren, da Schmid die „roten Linien“ für die Ultras verstärken will – besonders wegen des „Logen-Skandals“, als Ultras ein Entschuldigungstransparent für die Entgleisungen im Fall Maximilian Wöber in der Loge Tojners radikal entfernten und die Vereinsspitze das nur halbherzig „intern“ ansprechen oder sanktionieren wollte.

Zur Eskalation trug auch die Stellungnahme von Ehrenpräsident Rudolf Edlinger bei, der sein Schweigen brach und die Liste Schmid hart attackierte: „Rapid ist nichts für Glücksritter, die haben kaum Erfahrung mit der Führung eines Vereins und keine Ahnung von Rapid.“ Der Konter ließ nicht lange auf sich warten: Die Legenden Hans Krankl, Ernst Dokupil, Michael Konsel, Kurt Garger, Herbert Feurer, Christian Keglevits und Peter Pacult signalisierten ihre Unterstützung für das Kabinett Schmid und forderten Demokratie, fortschrittlichere Inhalte und Weiterentwicklung ein. Noch-Boss Krammer sah sich daraufhin genötigt, einen Ordnungsruf zu tätigen und Rückkehr zur Sachlichkeit zu empfehlen.
Apropos Inhalte: Bruckners Konzept lässt sich am besten mit der Headline „Evolution statt Revolution“ umschreiben. Der Finanzexperte, im Brotberuf Vorstand der Allianz-Investmentbank, will Rapid behutsam und auf Basis des Status quo voranbringen. Eine erfolgreiche Zukunft im sportlichen und wirtschaftlichen Bereich sei bereits auf Schiene, es gebe keinen Grund, jeden Stein umzudrehen, Kontinuität wäre essenziell.

Schmid hingegen, der auch beim aktuellen Geschäftsbericht (50 Millionen Euro Umsatz, 180.000 Euro Gewinn) Alarmzeichen witterte, will „alles dem Sport unterordnen“. Der Schwerpunkt sei in den letzten Jahren zu sehr auf Wirtschaft und Stadion gelegt worden, der sportliche Erfolg fehle seit dem letzten Titel 2008 gänzlich, man müsse sich fragen: Wofür steht Rapid eigentlich, welche Philosophie wird verfolgt? Im Gegensatz zu Bruckner, der beim Nachwuchszentrum eine abgespeckte, modulare Variante beim Happel-Stadion bevorzugt, plant Schmid ein opulentes State-of-the-Art-Projekt um 30 Millionen Euro.

Prognosen für den Ausgang der Wahl im Allianz-Stadion sind schwierig: „Mir fehlt jegliche Einschätzung, weil wir noch nie so eine Situation hatten“, sagt Rapid-Stimme Andy Marek. „Wir haben alle Vorkehrungen getroffen, um die Wahl fair und transparent ablaufen zu lassen.“ Marek erwartet rund 2500 Mitglieder auf den zwei geöffneten Ebenen der Arena, insgesamt sind 9000 Mitglieder stimmberechtigt. Mitgliedsausweis (man muss zumindest drei Jahre Mitglied sein) und Eintrittsticket sind obligat, die Stimmabgabe erfolgt geheim.

Am Montag wird jedenfalls grüner Rauch aus dem verbliebenen Flutlichtmast im Allianz-Stadion von Hütteldorf strömen und eine Situation beenden, die in Sachen Untergriffe, versteckte Fouls und offenes Lobbying durch Medien an das Dirty Campaigning politischer Schlammschlachten erinnerte. Es wird dann nicht zuletzt am siegreichen neuen Präsidenten liegen, die tiefen Gräben wieder zuzuschütten.