Die zwei jüngsten Niederlagen gegen RB Leipzig haben Bayern-München-Trainer Thomas Tuchel vor dem nächsten Kracher in der deutschen Fußball-Bundesliga zum Nachdenken gebracht. "Das bohrt natürlich", sagte der Coach des Tabellenführers mit Blick auf das 0:3 im Supercup zu Saisonbeginn und das 1:3 im Mai in der Liga. Im Spitzenspiel am Samstagabend (18.30 Uhr/live Sky) in Leipzig werden auch einige ÖFB-Legionäre zu den Hauptakteuren gehören.

Bei den Münchnern jubelte Konrad Laimer unter der Woche im DFB-Pokal bei Preußen Münster (4:0) über sein erstes Tor im Bayern-Trikot, der 26-Jährige wird von Tuchel derzeit abwechselnd als Rechtsverteidiger und zentraler Mittelfeldspieler eingesetzt. Bei den Leipzigern von Trainer Marco Rose gehört Xaver Schlager im zentralen Mittelfeld zum Stammpersonal, außerdem kommen Nicolas Seiwald und Christoph Baumgartner häufiger zu Kurzeinsätzen.

Leipziger als neue Angstgegner?

Sind die Bayern nun auf Revanche oder sogar Rache aus? "Nein", das seien "keine Vokabeln", die nach den noch recht frischen Niederlagen bei den vorigen zwei Duellen in seinem Kopf herumspuken, betonte Tuchel am Freitag. Großartig heißmachen muss der 50-Jährige sein Ensemble um Torjäger Harry Kane allerdings nicht. Trotzdem lautet die Frage beim Wiedersehen in der Red Bull Arena: Sind die Leipziger der neue Angstgegner der Bayern? Oder waren die jüngsten Erfolge der Sachsen doch nur böse Ausrutscher?

Sieben Wochen sind seit dem 0:3 im Supercup vergangen. Sieben Wochen, in denen sich aber einiges verändert hat, gerade bei den Bayern. Die Niederlage beim missglückten Kurzdebüt von Rekord-Einkauf Kane wirkte in München wie ein Weckruf. Das Team zeigte im Anschluss eine Reaktion und führt nach fünf Runden in der Tabelle nun mit 13 Punkten an. Die Leipziger haben als Vierter mit zwölf Zählern nur einen minimalen Rückstand.

Olmo fehlt verletzt

Leipzig fehlt allerdings der dreifache Supercup-Torschütze Dani Olmo verletzt, während die Bayern offensiv mit einem inzwischen bestens integrierten und als Fließband-Torschützen glänzenden Torjäger Kane auftrumpfen. Hinzu kommt, dass im Abwehrzentrum anders als beim lockeren Pokalsieg in Münster in Minjae Kim und Dayot Upamecano zwei Spezialisten auflaufen können. Das Innenverteidiger-Duo ist ebenso wie Routinier Thomas Müller wieder einsatzfähig. Jedenfalls ging Tuchels "Tendenz" vor dem Abschlusstraining klar dahin.

"Wir wollen ein bisschen was geraderücken", kündigte der deutsche Nationalspieler Leon Goretzka entschlossen an. "Wir werden motiviert sein, wir wollen weitermarschieren." Und so einen Titelkonkurrenten auf vier Punkte distanzieren. "Wir haben eine gute Phase nach dem Supercup eingeleitet. Die gilt es jetzt zu bestätigen. Stimmung ist gut, Mentalität ist da, wir haben die Ergebnisse – der Zeitpunkt ist gekommen, um den Spieß umzudrehen", verkündete Tuchel kämpferisch.

Den Umbruch geschafft

Allerdings äußerte der Bayern-Coach auch höchste Wertschätzung für den Gegner. "Leipzig hat den Umbruch bemerkenswert gut geschafft", lobte Tuchel mit Blick auf die personellen Veränderungen im Sommer und neue Offensiv-Asse wie Lois Openda, Xavi Simons oder den Ex-Salzburger Benjamin Sesko. "Leipzig hat viel Speed. Und sie sind als Kollektiv sehr gefährlich."

Leipzig-Coach Rose wiederum sprach am Freitag ausführlich über den Kane-Faktor im Bayern-Spiel. Sieben Tore und drei Assists stehen für den englischen Topstürmer nach fünf Spieltagen in der Statistik. "Er weiß natürlich, wo das Tor steht", sagte Rose über den "mitspielenden Stürmer" Kane, "der dem FC Bayern eine Menge Halt und Stabilität" gebe.

Vor den Augen des Neo-Teamchefs

Neben Bayern-Stürmer Serge Gnabry (Armbruch) wird der neue deutsche Nationaltrainer Julian Nagelsmann, der im Stadion anwesend sein wird, allerdings auch Timo Werner nicht auf dem Platz sehen. Der Leipziger Angreifer fällt mit anhaltenden Rückenproblemen aus. "Es ist so eine Art Hexenschuss", erklärte Rose.

Rose sprach vor seinem 50. Pflichtspiel als RB-Coach trotz der jüngsten Siege gegen die Bayern und trotz des Heimvorteils eher aus der Position des Herausforderers. Das "tolle Spiel" werde "eine knackige Aufgabe", sagte der 47-Jährige. Der Supercup spiegelt für ihn nicht mehr die Gegenwart wider: "Gewisse Strukturen im Spiel der Bayern haben sich nicht verändert. Aber es ist ein anderer Drive drin, mehr Sauberkeit, mehr Rhythmus. Da haben die Bayern große Schritte nach vorn gemacht." An Roses grundsätzlichem Anspruch ändert das freilich nichts: "Wir gehen immer raus, um zu gewinnen."

Sportdirektor Eberl vor die Tür gesetzt

Einen Tag vor dem Anpfiff haben sich die Leipziger überraschend von Sport-Geschäftsführer Max Eberl getrennt. Der 50-Jährige sei mit sofortiger Wirkung freigestellt, Sportdirektor Rouven Schröder übernehme die sportliche Leitung, hieß es vonseiten des Klubs. Die Sachsen warfen Eberl ein mangelndes Bekenntnis zu Leipzig vor. "Das fehlende Commitment zum Club veranlasst uns zu dieser Entscheidung. Dies geschieht völlig unabhängig vom Kaderumbruch und den sportlichen Ergebnissen", hieß es in der RB-Mitteilung weiter.